Eigentlich ein Wunder, dass noch niemand auf diese Idee gekommen ist. Vielleicht aber konnte sich nur niemand mehr am nächsten Morgen daran erinnern. Meister auf Malle, das wär’s doch! Nicht nur als Meister der Kreisliga oder Verbandsliga zum Feiern auf die Insel fliegen – sondern zwischen Ballermann und Bierkönig gleich den deutschen Amateur-Champion ausspielen lassen. Mallorca ist ohnehin fest in deutscher Hand. Nicht nur die Schinkenstraße, sondern auch das Iberostar Estadi. Im Stadion des traditionsreichen Zweitligisten RCD Mallorca, einst spanischer Pokalsieger und Finalist im Europapokal der Pokalsieger, regiert längst ein Deutscher.
In Sachen Fußball ist Utz Claassen der König von Mallorca. Der frühere Präsident von Hannover 96 ist heute der starke Mann beim Real Club Deportivo. Claassen träumt von der Rückkehr in die Primera Division und von deutschen Urlaubern, die zwischen All-inclusive-Mittagsbuffet im Hotel und Flatrate-Trinken in der Open-Air-Disco mal eben ein bisschen Fußball sehen wollen.
Warum also nicht gleich den deutschen Amateur-Meister auf der Deutschen liebsten Ferieninsel küren? Schließlich ist Mallorca noch immer das Traumziel deutscher Freizeitkicker. Wenn die kräftezehrende Saison rum ist und die Mannschaftskasse noch leidlich gefüllt, geht es in Deutschlands 17. Bundesland in die Verlängerung. Wehwehchen jedweder Art werden mittels innerer Einreibung geheilt – selbstverständlich mit hochprozentigem Flaschengeist. Dabei können allerdings leicht neue Verletzungen auftreten.
Sauerland Stern im Upland
Denn wer nach einem langen Abend in medizinischer Behandlung noch eben im Vorbeigehen die leere Schachtel Fortuna-Zigaretten per Vollspannschuss wegschießen will und dabei eher den Bürgersteig an der Strandpromenade trifft – aua. Oder aber die Kippenschachtel fliegt in hohem Bogen dem Vordermann an den Nacken. Der ist eher das Modell Stier, aus dem knappen Unterhemd darunter ragt noch die von Sonnenbrand umrundete, bereits leicht verblichene tätowierte englische Bulldogge heraus – noch mehr aua. Auf Mallorca geht es eben international zu. Der frisch gekürte deutsche Amateur-Meister könnte so auch gleich gegen die Konkurrenz aus England oder Holland antreten. Eine EM am Ballermann sozusagen, mit Live-Übertragung im Megapark.
Aber eigentlich ist der deutsche Mallorca-Urlauber Traditionalist. Der Amateurkicker ohnehin. Also wird es wohl auch künftig beim Eintauschen der Mannschaftskasse in flüssiges Gold bleiben, in Schnitzel mit Pommes zur Mittagszeit und Currywurst um Mitternacht. Und während die jungen Spieler aus dem Team erst in den frühen Morgenstunden ins Hotel zurückkehren, rechtzeitig zur Eröffnung des Frühstücksbuffets, sind die alten schon mittendrin in der Kopfballstafette im Pool. Bis das erste Weizenglas zu Bruch geht und Manolo, der freundliche Hotelangestellte, das lauwarme Wasserbecken mal wieder für eine halbe Stunde zum Aufräumen sperren muss.
Dabei muss es gar nicht immer Spanien sein. Auch Hessen hat seinen Ballermann. Im Upland, in Willingen. Dort, wo sich im Winter Skispringer todesmutig ins Tal stürzen, haut manche lange Nacht den konditionsstärksten Amateurfußballer um. Etwa wenn Wirt Siggi in seiner Partyhütte das private Zehnliterfass zum Tisch rollt. 10.500 Gäste kann das Städtchen Willingen unterbringen, die meisten zieht es in den berühmt berüchtigten Sauerland Stern mit seinen 1300 Betten. Hier treffen Fußballer auf Kegelbrüder, Tischtennisspieler und in die Jahre gekommene Singles auf Männerfang. Ob Mallorca oder Willingen – Spielerfrauen müssen stark sein, wenn für ihre Männer im Anschluss an die Saison die Abschlussfahrt ansteht.
Städtereise mit Stadionbesuch
Wen es trotzdem in die Ferne zieht, nicht aber schon wieder wie in den vergangenen Jahren nach Mallorca, der kann zwischen Goldstrand in Bulgarien und Balaton in Ungarn wählen – diese beiden Reiseziele erfreuen sich unter deutschen Pauschaltouristen wie unter Hobbykickern immer größerer Beliebtheit. Dort stimmt das Wetter genauso wie die Preise. Etwas teurer kann die Städtereise werden. Nach Hamburg zum Beispiel, dort kann die Mannschaft Sightseeing mit abendlichem Besucht auf der Vergnügungsmeile Reeperbahn verbinden. Manche Elf sehnt sich nach einer langen Saison Kreisliga auch nach hoher Fußballkultur. Eine Reise nach Liverpool, Madrid, Manchester oder Barcelona mit dem krönenden Abschluss Besuch eines Ligaspiels in Anfield, Old Trafford, Bernabeu oder Camp Nou. In Hamburg ist es ja derzeit nicht so weit her mit der Fußballkultur …
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Autor/-in: Arne Leyenberg