Erfolgreiches Debüt für Halil Altintop: Der TSV Schwaben Augsburg hat sein erstes Spiel in der Bayernliga Süd unter der Regie des 351-maligen Bundesligaprofis gegen die SpVgg Hankofen-Hailing 2:0 gewonnen. Mit zehn Punkten aus 13 Spielen belegt das Team dennoch einen Relegationsplatz. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Altintop über die Gründe für sein Engagement, die Lage bei der SG Wattenscheid und seinen Bruder Hamit.
FUSSBALL.DE: Gleich im ersten Spiel als Trainer gelang der erste Sieg. Wie zufrieden waren Sie mit dem 2:0 gegen die SpVgg Hankofen-Hailing, Herr Altintop?
Halil Altintop: Nach nur zwei gemeinsamen Trainingseinheiten hat die Mannschaft die Vorgaben soweit schon gut umgesetzt. 20 Gegentreffer aus den sechs vorausgegangenen Partien waren eindeutig zu viel. Wir mussten uns daher vor allem in der Defensivarbeit steigern. Umso besser, dass wir zu Null spielen konnten. Die Jungs haben sich mit allem, was sie hatten, in die Bälle des Gegners geworfen und sich mit jeder gelungenen Aktion weiteres Selbstvertrauen geholt. Offensiv haben wir unsere Konter gut ausgespielt.
Was hatten Sie der Mannschaft mit auf den Weg gegeben?
"Mit Markus Weinzierl und Manuel Baum konnte ich mich sehr gut über Fußball unterhalten"
Altintop: Dass wir nur als echte Einheit langsam, aber sicher aus der aktuellen Situation herauskommen können. Den Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft habe ich direkt gespürt. Auch bei der gemeinsamen Freude über die beiden Tore war der Teamgeist klar erkennbar. Selbst unser Torhüter Fabio Zeche ist nach dem Treffer zum 2:0 nach vorne gerannt und hat sich mit seinen Mitspielern gefreut.
Schon zu Saisonbeginn wären Sie fast bei den "Schwabenrittern" gelandet. Damals klappte es nicht. Was war nun anders?
Altintop: Ich bin über einen Freund mit den Verantwortlichen des TSV Schwaben Augsburg in Kontakt gekommen. Der Verein hat eine beeindruckende Historie und war vor der Einführung der Bundesliga in der höchsten Spielklasse vertreten. Es hat mich sehr gereizt, den Weg des TSV mitzugestalten. Allerdings war zu Saisonbeginn noch nicht klar, wie es für mich persönlich mit den Trainerscheinen weitergeht. Im Oktober und November werde ich nun den Lehrgang zur A-Lizenz absolvieren. Der letzte Schritt, die Ausbildung zum Fußball-Lehrer, soll ebenfalls in Zukunft folgen.
Warum hat es Sie nicht abgeschreckt, dass der TSV Schwaben Augsburg nach einer Negativserie sogar Tabellenletzter war?
Altintop: Da ich in Augsburg wohne, habe ich eine Verbindung zum Verein. Außerdem hat mich die Herangehensweise der Verantwortlichen überzeugt. Die Grundlage für gutes und erfolgreiches Arbeiten mache ich nicht von der Tabellensituation abhängig. Als Trainer befinde ich mich noch im Ausbildungsprozess. Ich will mich gemeinsam mit dem Verein weiterentwickeln.
Wie gut kennen Sie die Bayernliga Süd?
Altintop: Ich habe schon einige Spiele gesehen. Das Niveau der Liga ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren angestiegen. Die Vereine professionalisieren sich immer mehr. Da man sich fast alle Spiele auch im Livestream anschauen kann, haben wir mittlerweile beim TSV Schwaben Augsburg auch einen Mitarbeiter, der sich um die Gegnerbeobachtung und eine kleine Videoanalyse kümmert.
Wussten Sie schon während Ihrer aktiven Karriere, dass Sie später als Trainer arbeiten wollen?
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Altintop: Bis zu meinem 30. Lebensjahr tatsächlich eher nicht. Mit meinen Trainern beim FC Augsburg, Markus Weinzierl und Manuel Baum, der inzwischen die deutsche U 20-Nationalmannschaft trainiert, konnte ich mich aber sehr gut über Fußball unterhalten. Wir haben uns viel über verschiedene Trainingsformen ausgetauscht. Das hat mir neue Perspektiven eröffnet und bei mir die Begeisterung geweckt, nach der Karriere als Trainer zu arbeiten. Als Markus Weinzierl dann Cheftrainer beim VfB Stuttgart wurde, gehörte ich dann ja auch als Individualtrainer seinem Stab an.
Ob nun Felix Magath, Christoph Daum, Hannes Bongartz, Markus Weinzierl, Manuel Baum, Michael Skibbe oder viele andere: Die Liste Ihrer namhaften Trainer ist lang. Wer hat Sie besonders geprägt?
Altintop: Es ist jetzt nicht so, dass ich von manchen Trainern besonders viel in einem Bereich gelernt hätte. Jeder hat seine Stärken, sonst wären sie nicht im Profibereich gelandet. Ich habe von jedem Trainer einen Gesamteindruck mitgenommen. Letztendlich muss ich auch meinen eigenen Weg gehen.
Sie sind im Ruhrgebiet aufgewachsen und während Ihrer Karriere viel herumgekommen. Seit Ihrer Zeit beim FC Augsburg sind Sie in der Stadt heimisch geworden. Was gefällt Ihnen so gut?
Altintop: Als ich im Jahr 2013 zum FC Augsburg gewechselt bin, waren unsere ersten beiden Kinder eineinhalb Jahre und vier Monate alt. Mittlerweile gehen die beiden hier in die Schule und es kamen noch zwei weitere Kinder dazu. Das stärkt die Verbindung zur Stadt und zur Region noch mehr. Außerdem ist man von Augsburg aus schnell in den Bergen. Ich fahre zwar noch nicht Ski, dafür aber meine beiden älteren Kinder. Auf mich wird das also auch bald zukommen (lacht).
Als Profi kamen Sie auf 351 Einsätze in der Bundesliga, spielten für die Nationalmannschaft der Türkei. Soll es auch als Trainer hoch hinaus gehen?
Altintop: Ganz ehrlich: Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Ich bin erst einmal sehr dankbar für die Gelegenheit, dass ich mich beim TSV Schwaben Augsburg als Trainer ausleben kann. Klar, das Umfeld und die Medien haben schon darauf reagiert, dass der TSV Schwaben nun von einem ehemaligen Bundesligaprofi trainiert wird. Allerdings sind die Erfolge als Spieler kein Anhaltspunkt dafür, dass es als Trainer ebenfalls so erfolgreich laufen wird. Mein Fokus liegt darauf, den Spielern viel für ihre weitere Entwicklung mitzugeben.
Nach der gemeinsamen Jugendzeit standen Sie auch im Profibereich in 133 Pflichtspielen gemeinsam mit Ihrem Zwillingsbruder Hamit auf dem Feld. Ist es denkbar, dass man Sie in Zukunft auch als Trainerduo sieht?
Altintop: In nächster Zeit nicht. Hamit ist mittlerweile Vorstandsmitglied beim Türkischen Fußballverband und verantwortet in dieser Funktion die Nachwuchsteams der türkischen Nationalmannschaft. Was irgendwann in der Zukunft sein wird, ist nicht absehbar. Auch wenn wir zum Ende unserer Karriere hin nicht mehr im gleichen Verein gespielt haben und Hamit nun in der Türkei wohnt, haben wir nach wie vor ein sehr gutes und enges Verhältnis zueinander.
Ihre Profikarriere begann einst bei der SG Wattenscheid 09. Verfolgen Sie noch die Situation bei Ihrem Ex-Klub, der in eine Schieflage geraten ist?
Altintop: Selbstverständlich. Es blutet einem schon ein wenig das Herz, dass die SGW immer wieder mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat. Ich habe auch Kontakt zu einigen Verantwortlichen - wie zum Beispiel zum Aufsichtsratsmitglied Josef Schnusenberg, den ich noch aus meiner Zeit beim FC Schalke 04 kenne. Hamit und ich haben der SG Wattenscheid 09 auf jeden Fall sehr viel zu verdanken und drücken die Daumen, dass es aufwärts geht.
Autor/-in: Dominik Dittmar/MSPW