Es ist Winter. Der Rasenplatz ist gesperrt und der Hartplatz in die Jahre gekommen. Die Pfützen auf dem Platz sind gefroren. An ein Fußballspiel ist nicht zu denken. Viele Amateurvereine haben mit diesen Herausforderungen Jahr für Jahr zu kämpfen. Ein Kunstrasen soll Abhilfe schaffen. Doch was ist dabei alles zu beachten?
Im Rahmen der Themenwoche Sportplätze sprachen wir mit Diplom-Ingenieur und Sportplatzexperte Klaus Trojahn, der als Mitglied der DFB-Kommission Fußballinfrastruktur intensiv an der fünften Auflage des Kompendiums Sportstättenbau & -erhaltung mitgearbeitet hat.
FUSSBALL.DE: Herr Trojahn, welche Frage sollte sich ein Verein als erstes stellen, wenn er über einen Kunstrasenplatz nachdenkt?
Klaus Trojahn: Zunächst einmal muss der Bedarf geprüft werden, ob ein Kunstrasen überhaupt erforderlich ist. Vereinen, die nur fünf oder sechs Mannschaften haben, würde ich eher davon abraten, sich in dieses finanzielle Risiko zu begeben. Ganz unabhängig davon, welchen Belag sie haben. Die zweite Frage, die dann automatisch kommt, ist die Finanzierung. Das ist immer die alles entscheidende Frage, ob der Verein und die Kommune das Geld zusammenbekommen, um diese hohe Investition tätigen zu können.
"Die alles entscheidende Frage ist, ob der Verein und die Kommune das Geld zusammenbekommen."
Der Bedarf ist da und finanziell sieht es auch gut aus. Wie geht es weiter?
Trojahn: Jetzt müsste überprüft werden, ob eine Baugenehmigung erforderlich ist und wie es mit dem Lärmschutz aussieht. Nachbarn könnten versuchen, diese Bauvorhaben aufgrund der Lärmschutzverordnung zu blockieren. Die soll zwar jetzt überarbeitet werden und es ist wohl auch Licht am Horizont zu erkennen, aber es kommt immer noch vor, dass diese Bauvorhaben gestoppt oder aber Nutzungsbeschränkungen durchgesetzt werden.
Ein weiterer Aspekt sind die Maße des Spielfelds.
Trojahn: Es muss geklärt werden, ob die Abmessungen des jetzt vorhandenen Platzes alle Anforderungen erfüllen. Es gibt Landesverbände, die bezogen auf die Spielklasse Abmessungen festgelegt haben. Zudem gibt es in den Fußballregeln Hinweise auf die Sicherheitszonen , die unbedingt eingehalten werden müssen. Daraus ergibt sich dann die Gesamtgröße des Platzes. In der Regel ist es so, dass die Idealabmessungen oft nicht vorhanden sind. Da muss man dann im Einzelfall sehen, wie groß der Platz tatsächlich wird. Darüber hinaus sollte vor dem Umbau entschieden werden, welcher Belag es werden soll. Das wirkt sich unter anderem auf den Pflegeaufwand aus.
Was ist während des Umbaus zu beachten?
Trojahn: Die Normen müssen eingehalten werden. Das ist einmal die Europäische Norm DIN EN 15330-1. Da sind die ganzen sportfunktionellen Anforderungen festgelegt, wie zum Beispiel der Kraftabbau und das Gleitverhalten. Dazu haben wir noch eine eigene deutsche Norm DIN 18035-7. Da geht es mehr um die technischen Aufbauten des Platzes. Die werden durch Prüfzeugnisse nachgewiesen. Die Normen sollten auch Grundlage der Ausschreibung sein, wenn ein Kunstrasen gebaut wird. Natürlich muss dann auch noch geprüft werden, was von dem vorhandenen Tennenplatz wiederverwendet werden kann. Oft ist es so, dass zumindest die ungebundene Tragschicht bestehen bleiben kann. Dafür muss ein Bodengutachten gemacht werden. Das kostet zwar Geld, ist aber sinnvoll, wenn eine ganze Schicht eingespart werden kann. Gleichzeitig muss die Drainage auf ihre Funktion überprüft werden. Oft sind die verstopft und können durchgespült werden. Das müsste im Vorfeld geprüft werden, ehe die Ausschreibung herausgegeben wird.
Wie sieht es beim Umbau mit den Höhenunterschieden aus?
Trojahn: Es muss geprüft werden, wie die Schichtdicken beim Tennenplatz sind. In der Regel gibt es da keine Probleme. Beim Tennenplatz gibt es die ungebundene Tragschicht, die genauso dick ist wie beim Kunstrasen. Dann gibt es beim Tennenplatz die dynamische Schicht und den Tennenbelag. In diesem Bereich der dynamischen Schicht und des Tennenbelags gibt es Möglichkeiten, die Höhen anzugleichen. Das muss aber im Einzelfall geprüft werden.
Wann sollte ein Verein über eine Beregnungsanlage für seinen Kunstrasen nachdenken?
Trojahn: Die ist in jedem Fall zu empfehlen. Sie kostet viel Geld, aber sie verbessert die sportfunktionellen Eigenschaften des Belages. Die Beregnungsanlage verbessert die Gleiteigenschaften. Die Möglichkeit, eine Schürfwunde zu bekommen, wird dadurch eliminiert. Die Befeuchtung dämmt letztlich auch den Verschleiß ein. Im Sommer kann über die Beregnungsanlage und die Verdunstungskälte der Platz etwas runtergekühlt werden. Es ist aber eine Kostenfrage, auch aufgrund der Folgekosten mit dem Wasserverbrauch.
Weitere Informationen im Kompendium
Autor/-in: Michael Bieckmann