Lucian Kuca: Immer da, wo er gebraucht wird
Zum neunten Mal sucht FUSSBALL.DE die "Amateure des Jahres" - und stellt nun die zehn Kandidat*innen vor. Heute: Lucian Kuca aus Münchholzhausen/Dutenhofen.
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Kapitän: Bernard Dietz bei der EM 1980. [Foto: Imago]
Aus ihren kleinen Heimatvereinen zogen sie einst aus, um die große Fußballwelt zu erobern und die deutsche Nationalmannschaft aufs Spielfeld zu führen. FUSSBALL.DE stellt die Heimathäfen der Kapitäne vor. Heute: Bernard Dietz‘ ersten Klub gibt es eigentlich nicht mehr, dennoch verbindet ihn viel mit ihm.
„Auf dem roten Aschenplatz, da haben wir früher auch trainiert.“ Bernard Dietz klingt ein bisschen wehmütig. Passiert ja mal, wenn man zurückdenkt. An die gute, alte Zeit. Doch bei ihm ist das nicht so. Auch wenn es sehr schöne Erinnerungen sind, die er mit dem Trainingsplatz im Adolf-Brühl-Stadion in Bockum-Hövel verbindet.
Denn dort, auf dem roten Grant, hat der kleine „Enatz“ so richtig mit dem Fußballspielen begonnen. Hat das Kicken gelernt und sich die Knie aufgeschlagen. Hat bei Wind und Wetter gepöhlt. Weil er nur drei Kilometer von der Sportanlage entfernt lebte. Die Strecke lief er oder legte sie mit dem Fahrrad zurück.
Hier spielte sich ein Großteil seines Lebens ab. Weil seine Onkel ihm ein Anmeldeformular in die Hand drückten, als er zehn Jahre alt war. Die beiden spielten in der Ersten Mannschaft und der Junge konnte keinen Tag eher dem Verein beitreten. Die Regularien von einst verhinderten einen früheren Beitritt.
„In der Westfalen-Auswahl haben sie mich nie gebraucht. Zu klein, zu jung hieß das immer.“
Ausgerechnet der rote Aschenplatz ist jetzt nicht mehr. Dennoch ist es für Bernard Dietz zu verkraften. Weil an der Stelle ein neuer Kunstrasenplatz entsteht. In dieser Sache ist er aufgeschlossen, denkt modern, weiß, was das für einen kleinen Amateurverein bedeutet. „Das ist eine schöne Geschichte. Ich hoffe, es hilft“, sagt der Europameister von 1980.
Bernard Dietz ist sich dessen bewusst, dass Veränderungen notwendig sind, um einen Klub auf dieser Ebene zeitgemäß aufzustellen. Deswegen hackt er auch nicht darauf herum, dass der Verein, um den es eigentlich geht, strenggenommen nicht mehr der ist, der er war. Denn groß geworden ist der 53-malige Nationalspieler beim SV Bockum-Hövel. Den gibt es jedoch nicht mehr.
Der SV fusioniert 1972 mit Arminia zum SVA Bockum-Hövel. Aber auch der Nachfolgeverein ist nicht mehr. Weil es 2013 den nächsten Zusammenschluss gab. Diesmal vereinigten sich der SVA, die Sportfreunde und Westfalia zur SG Bockum-Hövel . Entstanden ist ein Verein, der rund 870 Mitglieder hat und 29 Mannschaften unterhält. Geführt wird der Klub vom 1. Vorsitzenden Michael Schwennecker.
Der 48-Jährige war eine treibende Kraft hinter der Neugestaltung. Drei Gründe führt er dafür an. Die Jugend, die Sportanlagen und die Gönner. In allen Bereichen hob man mit der Fusion die Konkurrenzsituation auf. In Zeiten des demografischen Wandels legten die drei Vereine die Nachwuchsbereiche zusammen, machen sich die Talente nicht mehr gegenseitig abspenstig und sind mit 22 Jugendteams mittlerweile eine große Kraft.
Weiter gibt es nicht mehr drei Sportanlagen für drei Klubs, sondern drei Sportanlagen für einen Klub. Und der kann nun eine klare Strukturierung vornehmen, was die Modernisierung der Sportplätze angeht. „Alle Sportanlagen sind aus den 50er-Jahren. Sie sind zum Großteil marode und werden nur mit viel Liebe und Herzblut am Laufen gehalten“, erklärt Michael Schwennecker. Ausgedeutet wurde das Adolf-Brühl-Stadion als zentrale Anlaufstelle, die jetzt renoviert wird. „Die Zäune sind schon eingerissen“, berichtet der Vorsitzende.
Werden dafür öffentliche Gelder verwendet, so geht es aber auch um die Zuwendungen der Förderer. Auch hier muss nicht mehr durch drei geteilt werden. Michael Schwennecker hat die Sponsoren-Akquise zum zentralen Thema für dieses Jahr ausgerufen. „Das Konzept ist noch nicht ganz fertig. Erst wenn dies der Fall ist, wollen wir damit losmarschieren. Sonst ist das halbgar. Das befürworten auch die potenziellen Interessenten“, erklärt der Vereinsfordere. Und er schiebt nach: „Es ist ja nicht mehr so einfach, dass man zum Metzger um die Ecke geht und ihm erzählt, dass man mal 300 Mark für einen Satz Trikots benötigt.“
Nein, das Geld soll in die Infrastruktur gesteckt werden. Zum Beispiel sollen die Kabinen ausgebaut werden. Was ein strategisches Unterfangen ist. Denn dafür habe man bereits mit einem Architekten-Büro gesprochen. Wünschenswert sei es, verrät Schwennecker, dass die Bauherren als Mäzene einsteigen – und dann quasi im Dominoeffekt auch noch ihre Zulieferer – den Dachdecker und den Installateur – mit ins Boot der freundlichen Geldgeber hieven.
Aber nicht nur in Steine soll investiert werden. „Wir wollen unsere Übungsleiter weiter ausbilden“, sagt Schwennecker. „Weil die guten Talente immer weggegangen sind. Das wollen wir in Zukunft vermeiden.“ Denn vielleicht ist ja ein zweiter Bernard Dietz dabei.
Wobei dessen Werdegang für heutige Verhältnisse äußerst ungewöhnlich ist. Denn noch mit 22 Jahren spielte er für den SV Bockum-Hövel. „Ich bin eigentlich ein offensiver Mittelfeldspieler gewesen, eine Nummer 10, hinter den Spitzen“, erzählt er. „In der Westfalen-Auswahl haben sie mich nie gebraucht. Zu klein, zu jung hieß das immer.“ Doch in der Saison 1969/1970 gelangen ihm in den ersten zehn Spielen 19 Tore. In der Landesliga, der damals höchsten Amateurliga Westfalens. „Hallo, da ist ja einer, haben sie sich da wohl gedacht. Und ich habe eine Einladung in die Verbandsauswahl erhalten“, berichtet Enatz Dietz weiter.
So nimmt die Geschichte und die Karriere Fahrt auf. Erst die Spiele in der Westfalen-Auswahl. Dann ein Probetraining beim 1. FC Köln. „Der Anruf erreichte mich im Vereinsheim. Ich hatte immer schon für den Verein geschwärmt, weil mein Vater aus Köln-Mühlheim stammt“, erzählt er. Der gelernte Schmied und Schlosser fährt Doppelschichten bei der Arbeit, um sich für diese Chance freinehmen zu können. Ein befreundeter Rentner fährt ihn nach Köln, weil er noch keinen Führerschein besitzt. Bernard Dietz macht Eindruck, einen guten. Die Geißböcke wollen ihn jedoch zunächst beim Lüner SV parken. „Das war mir zu undurchsichtig.“
Aus der Traum? Nein, der MSV Duisburg meldet sich nur eine Woche später. Wieder eine Einladung zum Probetraining. Forciert wird das Ganze dann durch eine Einladung vom DFB. Bernard Dietz wird für die Amateur-Nationalmannschaft nominiert, die bei den Olympischen Spielen 1972 in München antreten soll. „Ich bin dann zur Einkleidung nach Frankfurt gefahren – das war wie Weihnachten für mich“, erzählt er. Beim Spiel gegen Österreich saß er schließlich nur auf der Bank. Dennoch waren die örtlichen Berichterstatter ganz aufgekratzt. „Das war eine Sensation, dass einer aus Bockum-Hövel die Chance erhielt, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein“, so Bernard Dietz.
Er hätte mit Uli Hoeneß und Ottmar Hitzfeld im Münchener Olympiastadion antreten können, machte es dann aber doch nicht, weil der MSV Duisburg ihm einen Profi-Vertrag anbot. Profis durften damals aber nicht an Olympia teilnehmen. „Das war eine schwere Entscheidung. Letztlich hatte ich mir gesagt, dass die Olympischen Spiele nur vier Wochen dauern, die Profi-Laufbahn aber mehrere Jahre dauern kann“, verrät Bernard Dietz seine Gedanken.
Zwar musste er sich beim ersten Spiel des MSV noch mit der Reservisten-Rolle begnügen und „Würstchen für die anderen Spieler holen“. Aber das änderte sich bekanntlich. Es war eine gute Entscheidung. Auch für seinen Heimatverein. Der kassierte 25.000 Mark Ablösesumme. Und hat heute noch ein berühmtes Aushängeschild.
Und nicht nur das. Der Bezug ist noch da, nicht nur, weil er einst seine Ehefrau Petra im Vereinsheim kennenlernte. Mittlerweile ist er Ehrenmitglied. Seit 56 Jahren gehört er dem Klub an. Da ist es selbstverständlich, dass er ihm auch zur Seite steht. „Wir hatten uns Ende vergangenen Jahres mit Bernard Dietz zusammengesetzt“, erzählt Michael Schwennecker, „und mit ihm besprochen, wie er uns unterstützen kann.“ Das bestätigt der ehemalige Spielführer der Nationalmannschaft. „Wo es geht, helfe ich. Allerdings ist das auch eine Frage der Zeit“, erklärt das Vorstandsmitglied des MSV Duisburg. Ehrensache für ihn. Denn: „Ich hatte eine wunderschöne Zeit hier.“ Und damit meint er nicht nur den roten Aschenplatz.
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