Traditionsbewusste Fans des FC Schalke 04 träumen heimlich immer noch davon, dass die nach einer bekannten Bierbrauerei aus dem Sauerland getaufte Arena so heißen könnte: Dem-Ernst-Kuzorra-Seine-Frau-Ihr-Stadion. Der frühere NRW-Landesvater Johannes Rau hatte den Namen einst ins Spiel gebracht, damit ein Fußballstadion endlich einmal nach einer Frau benannt würde.
Keine zehn Kilometer weiter östlich vom Gelsenkirchener Fußballtempel wurde beim Bezirksligisten Sportfreunde Wanne nun wahr, was sich die Anhänger des Bundesligisten schon so lange vergeblich wünschen. Seit dem 1. August heißt der Sportplatz an der Wilhelmstraße nun "Livia-Leichner-Stadion" - und zwar mit dem Zusatz "Dem Bürgermeister seine Frau ihr Stadion". Dieser gilt zunächst für ein Jahr, danach kann sich ein neuer Sponsor die Namensrechte sichern. Was es mit dem kuriosen Projekt auf sich hat, erklärt uns Markus Rohmann, erster Vorsitzender der Sportfreunde Wanne.
FUSSBALL.DE: Markus Rohmann, wie kam es zu der Umbenennung des Sportplatzes an der Wilhelmstraße, die mit einem feierlichen Festakt nun offiziell vollzogen wurde?
Markus Rohmann: Das hat eine recht lange Vorgeschichte, alles begann im Jahr 2014. Wir sind ein Verein, dem es schon immer wichtig war, seiner sozialen Verantwortung in Wanne-Eickel und Umgebung gerecht zu werden. Daher haben wir das Programm "Anpfiff zum Berufsleben" initiiert. Dabei ging es darum, unseren jugendlichen Spielern eine Möglichkeit zu bieten, nach der Schule einen Ausbildungs- oder zumindest Praktikumsplatz zu vermitteln. Ich bin selbst Unternehmer und verfüge über ein recht gutes Netzwerk zu anderen Firmen, sodass sich darüber einiges bewegen ließ. Das Problem war nur, dass wir immer weniger Kinder und Jugendliche hatten, die bei uns Fußball spielen wollten und wir schließlich vor der Entscheidung standen, ob wir unsere Jugendabteilung dicht machen müssen.
"Ich habe ihm gesteckt, dass wir eigentlich mal einen richtigen Großsponsor bräuchten"
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Rohmann: Genau, und zwar deshalb, weil wir das Risiko auf uns genommen und einen Kunstrasen gebaut haben. Wir hatten noch einen Aschenplatz, um uns herum aber konnten alle Vereine – DSC Wanne-Eickel , SV Wanne 11 und Firtinaspor Wanne – schon mit einem neuen Kunstrasen locken. Das wollten wir auch, um nicht den Anschluss zu verlieren. Daher haben wir einen Kredit in Höhe von 200.000 Euro aufgenommen und im Jahr 2015 komplett in Eigenregie einen Kunstrasen errichtet. Zur offiziellen Einweihung kam dann Bürgermeister Erich Leichner, der unser Engagement richtig gut fand.
Das ist jetzt vier Jahre her. Warum kommt es erst jetzt zu dieser Geschichte mit dem Stadionnamen?
Rohmann: Weil alles natürlich seine Zeit braucht. Durch den Kunstrasen waren wir für die sportliche Zukunft gut aufgestellt und haben nebenher unser soziales Engagement weiter forciert, auch angeschoben durch die Flüchtlingswelle Ende 2015. Neben den vielen Jugendlichen im Verein kamen nun Migranten vornehmlich aus Syrien zu uns, die bei uns Fußball spielen und die wir auch in Form von Praktika, Minijobs oder gar einer richtigen Lehrstelle in die Gesellschaft integrieren konnten. Das alles hat Herr Leichner mitbekommen und öfters nachgehakt, wie es denn bei den Sportfreunden Wanne läuft. Dabei habe ich ihm gesteckt, dass wir eigentlich mal einen richtigen Großsponsor bräuchten, denn wir würden gerne auf der Platzanlage ein Schulungszentrum bauen, um unsere Trainer noch besser ausbilden zu können.
Da konnte sich der Bürgermeister nicht lumpen lassen.
Rohmann: Er hat zwischendurch immer wieder nachgefragt, ob ich denn jetzt jemanden hätte, der die Tasche aufmachen würde, ansonsten würde er das selber übernehmen. (lacht) Schließlich ist es jetzt so gekommen. Es geht ja nicht um viel Geld, die Stadionumbennung hat eher symbolischen Charakter, aber mit der Aktion haben wir zumindest viel Aufmerksamkeit für unsere eigentlichen Ziele generieren können.
Autor/-in: Heiko Buschmann