Beim bislang größten Erfolg in der Vereinsgeschichte des RSV Eintracht 1949 aus Stahnsdorf hatte er im wahrsten Sinne des Wortes seine Finger im Spiel. Weil Torhüter Daniel Hemicker im Halbfinale des Landespokals von Brandenburg gegen den Drittligisten, Titelverteidiger und Rekordsieger FC Energie Cottbus im Elfmeterschießen gleich drei Schüsse abgewehrt hat, steht sein Heimatklub erstmals im Endspiel und hat damit auch die große Chance auf seine Premiere im DFB-Pokal.
"Für uns als Team, aber auch für den gesamten Verein und das Umfeld ist das etwas ganz Besonderes", sagt der 25 Jahre alte Schlussmann im FUSSBALL.DE-Gespräch. "Wir hatten uns im Vorfeld der Partie natürlich eine Minimalchance ausgerechnet. Dass wir es allerdings tatsächlich als Fünftligist geschafft haben, Energie Cottbus auszuschalten, ist verrückt."
Am Finaltag gegen Krieschow
Klar ist bereits: Am Finaltag der Amateure wird der aktuelle Spitzenreiter der NOFV-Oberliga Süd am Samstag, 24. Mai, in Neuruppin auf den Ligakonkurrenten VfB 1921 Krieschow treffen, der mit dem FSV 63 Luckenwalde aus der Regionalliga Nordost ebenfalls einen klassenhöheren Gegner ausgeschaltet hat (2:1). Das Duell wird im Rahmen der größten Fußball-Konferenz des Jahres live in der ARD gezeigt.
Das Selbstvertrauen aus dem bisher äußerst positiven Saisonverlauf hatte das Team von RSV-Trainer Patrick Hinze mit in den Vergleich mit dem großen Favoriten aus Cottbus genommen. Nachdem die Stahnsdorfer am Ende der abgelaufenen Spielzeit noch auf Platz elf gelandet waren, spielen sie in dieser Saison um die Meisterschaft und den möglichen Aufstieg in die Regionalliga Nordost mit.
"Wir haben einen sehr familiären Zusammenhalt im Team, auch die zahlreichen neuen Spieler, die vor der Saison zu uns gekommen waren, wurden schnell integriert", beschreibt Daniel Hemicker die besonderen Qualitäten der Mannschaft, die ihre Oberliga-Heimspiele in der Regel vor 150 bis 200 Zuschauer*innen bestreitet. Gegen Cottbus kamen dagegen 1723 Fans an die Heinrich-Zille-Straße und sahen schon während der 120 torlosen Minuten ein Duell auf Augenhöhe.
"Ich habe während der regulären Spielzeit und auch in der Verlängerung gar nicht so viel zu tun bekommen", erklärt Daniel Hemicker mit einem Grinsen und macht seinen Vorderleuten damit ein großes Kompliment. "Die Jungs haben fast alles wegverteidigt, und bei Energie hat man dann im Laufe des Spiels schon gemerkt, dass sie immer nervöser und unruhiger wurden." Dazu spielte die Rote Karte für Cottbus-Verteidiger Dennis Slamar wegen einer Notbremse nach gut einer Stunde dem Außenseiter noch zusätzlich in die Karten.
"Die Jungs haben fast alles wegverteidigt, und bei Energie hat man dann im Laufe des Spiels schon gemerkt, dass sie immer nervöser und unruhiger wurden"
So musste schließlich das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen. Dort avancierte der Versicherungskaufmann zum Matchwinner. Und das, obwohl die Vorbereitung nicht gerade optimal war. "Unser Torwarttrainer hatte mir eigens ein Video von einem Elfmeter von Tolcay Cirgerci zugeschickt, der war dann aber gar nicht dabei", so Hemicker. "Zu den anderen Schützen hatte ich keine speziellen Infos."
Doch das machte nichts. Den ersten Elfmeter von Niko Bretschneider musste der RSV-Torhüter zwar noch passieren lassen. Doch gegen Energie-Kapitän Axel Borgmann sowie Lucas Copado und Tim Capulka war Daniel Hemicker dann dreimal in Folge in der richtigen Ecke und machte damit die Pokalsensation perfekt. "Nachdem ich die ersten beiden Schüsse gehalten hatte, war ich mir sogar sicher, dass ich auch noch den nächsten Schuss parieren würde", so der Keeper. "Danach gab es kein Halten mehr."
Hemicker weiter: "Auf dem Platz und anschließend auch in der Kabine haben wir ausgelassen gefeiert. Ich wusste gar nicht, dass so viele Leute in einen Raum passen." Eine besondere Prämie für seine heldenhaften Taten hat er allerdings nicht zu erwarten. Eher im Gegenteil! "Ich denke, dass ich demnächst eine Runde ausgeben oder in die Mannschaftskasse einzahlen muss", meint Stahnsdorfs Nummer eins.
Vorbild Oliver Kahn
Schon ab der F-Jugend stand Daniel Hemicker, der Oliver Kahn als sein Torwartvorbild nennt, einst für den RSV Eintracht 1949 zwischen den Pfosten, wechselte aber 2016 im Alter von 16 Jahren zum Chemnitzer FC. Dort war er mit den Junioren der Himmelblauen in der Regionalliga Nordost und der damaligen A-Junioren-Bundesliga aktiv.
Als Hemicker 2019 zum RSV zurückkehrte, war der Verein gerade aus der Landesliga in die Brandenburgliga aufgestiegen. Nur ein Jahr später gelang - auch dank des Saisonabbruchs wegen der Corona-Pandemie - der direkte Durchmarsch in die Oberliga, in der sich der Verein anschließend etablierte und die er jetzt im besten Fall zum Saisonende nach oben verlassen könnte. Die entsprechende Zulassung für die Regionalliga Nordost wurde in dieser Woche beim Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) beantragt.
Schon mehr als 100-mal stand Daniel Hemicker inzwischen in der Oberliga für den RSV Eintracht 1949 im Kasten. Sollten in der nächsten Saison seine ersten Einsätze in der Regionalliga hinzukommen, hätte er mit Sicherheit nichts dagegen.
"Es wäre der Wahnsinn"
Besonders groß ist in der Großgemeinde Stahnsdorf (15.000 Einwohner) im Landkreis Potsdam-Mittelmark jetzt aber die Vorfreude auf das erste Landespokalendspiel in der Historie des Klubs. Obwohl der Finalgegner VfB 1921 Krieschow in der Oberligatabelle hinter dem RSV rangiert, sieht Torwart Daniel Hemicker sein Team keineswegs als klaren Favoriten. "Zum einen liegt der VfB nicht weit hinter uns, zum anderen gab es im Hinspiel ein 0:0", erinnert er sich. "Ich gehe auch im Finale von einem sehr engen Duell aus."
Kurios: Nur zwei Wochen vor dem Finaltag muss der RSV Eintracht 1949 in der Liga zum Rückspiel in Krieschow antreten. Dort könnte es für beide Klubs noch um die Meisterschaft und den Aufstieg gehen. Am 24. Mai entscheidet sich dann im Volksparkstadion des MSV 1919 Neuruppin, ob Stahnsdorf oder Krieschow erstmals im DFB-Pokal an den Start gehen darf. "Es wäre der Wahnsinn, sollte uns das gelingen", sagt Daniel Hemicker.
Autor/-in: Ralf Debat/MSPW