Dieter Schweizer prägte jahrzehntelang die Jugendarbeit des FSV Schwaigern. Im Alter von 60 Jahren ist nun Schluss. In die Fußstapfen könnten seine beiden Söhne Markus und Matthias treten, die bereits vom DFB für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet wurden.
Aus der Schweiz kommen immer mehr gute Fußballer – nicht nur Torhüter, Feldspieler, sondern auch Trainer. Doch auch in Deutschland gibt es gute "Schweizer" Coaches. Zum Beispiel nahe Sinsheim, genauer gesagt in der 25 Kilometer entfernten Stadt Schwaigern. Dort trainiert Dieter Schweizer seit mehr als 28 Jahren Kinder und Jugendliche – ohne Unterbrechung. Auch aufgrund zweier schwerer Schulterverletzungen ist nun aber Schluss.
"Es sind mehr als 200 Kicker aus zig Ländern gewesen. Aus halb Europa, aus den USA, aus Südkorea, aus mehreren Ländern Afrikas. Ein Junge war körperlich, der andere geistig behindert – es hat immer funktioniert", sagt Schweizer.
Dieter Schweizer ist damit länger Trainer als die deutschen Profi-Rekordhalter Volker Finke (73/SC Freiburg/16 Jahre), Otto Rehhagel (Werder Bremen/82) oder Frank Schmidt (1. FC Heidenheim/47/beide je 14 Jahre tätig). Selbst der Erfolgs-Schotte Alex Ferguson konnte bei Manchester United (26,5 Jahre) mit dem württembergischen Schweizer nicht mithalten.
Vorbilder waren für mich nicht nur Bundesliga-Trainer wie Hennes Weisweiler oder Jürgen Sundermann wegen ihrem attraktivem Offensivfußball, sondern auch Leute, durch die ich mich sportlich und menschlich weiterentwickelt habe"
Ablenkung durch Smartphone und Internet
Der sagt: "Der Weg von den Bambini bis zu den A-Junioren ist lang – egal in welcher Liga. Nicht nur schlechte Trainings- und Sportplätze erfordern Geduld. Das Spiel ist zwar schneller geworden, aber ein gut ausgebildeter Fußballer kommt in jedem System zu Recht."
Einflüsse wie die Einführung des Smartphones, unter der laut Schweizer die „Konzentration und Handlungsschnelligkeit litten, die Einführung von acht Jahre Gymnasium in Baden-Württemberg („Auch deshalb gibt es weniger Straßenfußballer“) oder einfach die Ablenkung durchs Internet und Fernsehen stellen immer mehr Vereine vor teils große Herausforderungen.
Nicht so beim 29. Januar 1993 gegründeten FSV Schwaigern. Nach der Ausgliederung des TSV (1898 gegründet) hat der Fußballsportverein 670 Mitglieder, davon mehr als 270 Kinder und Jugendliche. Der FSV Schwaigern zählt mit drei aktiven Herren-Teams zu größten reinen Fußballklubs in der Region Stuttgart und im Württembergischen Fußballverband. Trotz der Corona-Pandemie sind 13 Jugendteams zum Spielbetrieb 2021/2022 gemeldet worden. Vor Corona waren es sogar 18 Jugendmannschaften mit 40 Übungsleiter*innen gewesen.
Duell gegen Ralf Rangnick
Auch das ist ein Verdienst von Ehrenamtlichen wie Dieter Schweizer. "Vorbilder waren für mich nicht nur Bundesliga-Trainer wie Hennes Weisweiler oder Jürgen Sundermann wegen ihrem attraktivem Offensivfußball, sondern auch Leute, durch die ich mich sportlich und menschlich weiterentwickelt habe."
Dazu gehört der frühere Zweitliga-Profi Reinhold Scherpp ( VfR Heilbronn , Eintracht Bad Kreuznach ), der die Kleinst-Stadt Schwaigern und auch Mittelfeld-Terrier Dieter Schweizer in der WFV-Landesliga Staffel eins 1983/1984 zu vielen Höhenflügen gegen bekannte Namen wie SGV Freiberg, TSG Backnang oder SV Fellbach führte. "Gegenspieler waren unter anderem der ehemalige HSV- und VfB-Profi Buffy Ettmayer bei Rommelshausen oder der Freiberger Wolfgang Holoch von den Stuttgarter Kickers oder Ralf Rangnick, Spielertrainer beim FC Viktoria Backnang . Auch Erlebnisse mit dem Fellbacher Coach Karl-Heinz Schlotterbeck sind unvergesslich", erinnert sich Schweizer.
Das i-Tüpfelchen in seiner aktiven Laufbahn war jedoch am 20. April 1981 das Freundschaftsspiel gegen den 1. FC Nürnberg. 6500 Zuschauer*innen sahen im 1956 erbauten Leintal-Stadion das 2:4 des ehemaligen TSV (damals drittunterste Fußball-Klasse) gegen den in Bestbesetzung angetreten Erstligisten.
Beruf, Familie und Fußball
Kein Wunder, dass sich durch diese Erlebnisse sein Engagement auf die Söhne Markus und Matthias übertragen hat. Die Zwillinge (21) erhielten bereits 2018 vom damaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel die Urkunde für vorbildliche ehrenamtliche Leistungen – inklusive eines mehrtägigen Bildungsurlaubs in Spanien. Die Brüder, die auch selbst als Spieler auf dem Rasen stehen, bringen seit ihrem 17. Lebensjahr Jüngeren das Fußballspielen bei – trotz Schichtarbeit. Bruder Stefan (23) komplettiert als Platzwart die Familienbande beim FSV Schwaigern.
Bei Vater Dieter gab es in den vergangenen Jahrzehnten also vor allem drei Dinge: Beruf, Fußball - Familie. Trotz der Fünfeinhalb-Tage-Woche, die der Fleischer-Meister in den vergangenen vier Jahrzehnten meistens schon vor 5 Uhr morgens begonnen hat.
Damit ist nun vorzeitig Schluss. Der FSV Schwaigern ohne Dieter Schweizers Qualitäten – damit muss der Fußballsportverein erst einmal zu Recht kommen.
Autor/-in: Bernd Friedmann