Banner, Fahnen, Riesentrikot, Schal und Shirts – alles ist vorhanden, was einen Fan auszeichnet. Das Übliche halt. Nur mit dem einen Unterschied, dass Jan Schönwetter seine Utensilien nicht im Fan-Shop des Vereins seines Vertrauens kaufen kann. Er muss die Sachen selbst produzieren. Denn sein Klub ist der SV Eiche Ragösen. Derzeit Zehnter der Kreisliga B im Fußballkreis Havelland.
„Wir entwerfen alles selbst“, sagt der 33-Jährige. Und er meint es so, wie er es sagt. Von der Schneekugel bis zum Puzzle gibt es nichts, was es nicht vom SV Eiche Ragösen gibt. „Wir haben das komplette Sortiment“, erklärt er weiter. Selbst die Fan-Gesänge stammen zum Großteil aus der eigenen Feder.
Kostprobe gefällig? „Schwarz-grüne Dresse und ’ne große Fresse – immer wieder SVE. Von der Havel bis TeBe – immer wieder SVE. Ole, Ole, Ole, Ole, Ole. Von der Havel bis TeBe – immer wieder SVE.“ Sehr schön auch im Video intoniert und inszeniert.
Ziemlich verliebt
"Schwarz-grüne Dresse und ’ne große Fresse"
Das klingt nicht nur besonders, das ist besonders. Leidenschaft und Herzblut spricht da heraus. Dazu ist es authentisch. Und das macht die Angelegenheit so attraktiv. Denn Jan Schönwetter ist längst kein Einzelgänger mehr. Den harten Kern beziffert er auf mittlerweile 20 Personen. Die Gruppe kann bis auf 100 Personen anwachsen.
Die Erklärung für diese Entwicklung ist simpel. „Wir sorgen für gute Laune. Es gibt immer etwas zu lachen bei uns“, sagt Jan Schönwetter. Neuestes Gimmick der „Eiche Ultras“, wie sie von ihrer eigenen Mannschaft getauft wurden, ist das Maskottchen. „Egon Eiche“ heißt es. „Drei Jahre lang war das unser Traum, in diesem Jahr konnten wir ihn endlich realisieren“, erzählt er. Die WM spielte ihnen dabei in die Karten. Wegen des Turniers in Brasilien gab es nämlich Prozente beim Hersteller. Statt 1200 Euro mussten sie nur 780 Euro für das Eichhörnchen bezahlen.
Wer so etwas macht, der muss ziemlich verliebt sein. So ähnlich ist es auch tatsächlich. Denn das der SV Eiche Ragösen mehr als nur ein Verein für Jan Schönwetter ist, hat einen triftigen Grund. „Bei uns gab es sehr lange keinen Fußball. Bis sehr gute Freunde von mir den Verein 2005 wiederbelebt haben. Unter anderem wurde in diesem Zuge der Sportplatz in Eigeninitiative restauriert. Da haben alle an einem Strang gezogen“, so Jan Schönwetter.
Aufforderung zum Mitmachen
Und das schweißt zusammen. Auch die, die selbst nicht spielen. So wie Jan Schönwetter. „Ich habe freizeitmäßig ein bisschen gekickt“, erzählt er. Mehr nicht. Aus rationalen Gründen. „Ich bin seit zwölf Jahren selbstständig“, erklärt der Frisör aus Bad Belzig, „da kann ich es mir nicht erlauben, auszufallen, da ist Fußball zu gefährlich.“ Also bringt er sich auf außersportliche Weise ein. Auf sympathische und erfolgreiche Art.
Dazu gehört auch, dass die „Eiche Ultras“ quasi zum Mitmachen auffordern. Denn schon häufiger wurden sie darauf angesprochen, die Texte ihrer Fan-Gesänge aufzuschreiben und einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Doch sie beharrten auf der Form der mündlichen Überlieferung. „Wer lernen will, muss zum Spiel kommen“, hieß es da.
Für FUSSBALL.DE macht Jan Schönwetter eine Ausnahme und gibt einen weiteren Text Preis: „Schwarz-grün muss es sein, SV Eiche, ja so heißt er, mein Verein... MEIN VEREIN. Wir Ragösener steh’n dazu, mit Herz und Stolz... UND STOLZ. Wir sind hart wie Eichenholz.“
Vom Havelland bis in die Karibik
Wie viel Lieder die „Eiche Ultras“ im Repertoire hat, weiß er gar nicht. „Wir haben schätzungsweise 15 Klassiker, die wir an jedem Spieltag singen, die werden rauf und runter gerattert“, erzählt er. Und damit haben Jan Schönwetter und seine Leute das kleine Ragösen, das auf halbem Weg zwischen Magdeburg und Berlin liegt, auch ein Stück weit in die Welt gebracht.
Denn mittlerweile eilt den „Ultras“ ein Ruf voraus. Den man bis in die entlegensten Zipfel der Welt hört. Und das überrascht dann auch den Macher. „Im Januar waren wir mit einigen Leuten in der Karibik“, erzählt Jan Schönwetter. „Und da hieß es plötzlich: Hey, ihr seid doch vom SV Ragösen.“ Bei einer solchen Geschichte muss selbst er stutzen. Dabei müsst er es doch am besten wissen: Das Übliche gibt es beim SV Eiche nicht.
Jan Schönwetters Top 5 der Fan-Gesänge:
1. Schwarz-grüne Dresse und ’ne große Fresse
2. You’ll Never Walk Alone
3. Auf geht’s Dortmund, kämpfen und siegen
4. Und wenn Du das Spiel gewinnst, ganz oben stehst, dann stehen wir hier
5. Schwarz-grün muss es sein, so Eiche, ja so heißt er, mein Verein.
Autor/-in: Niels Barnhofer