119 Partien in der Bundesliga kann Fußballer Christian Lell vorweisen, dazu unter anderem zehn in der Champions League, 26 in der spanischen Primera Division und 24 für die U 18- bis U 21-Nationalmannschaften des DFB. Ein Kreisklassenspiel fehlt in Lells Vita. Noch. Denn wenn alles klappt, läuft er im September für den TSV Weyarn auf: an diesem Sonntag, 6. September, 15 Uhr, gegen den TSV Brunnthal, oder am darauf folgenden Wochenende gegen den SC Wörnsmühlm oder danach dann. Kreisklasse 2, im bayerischen Kreis Zugspitze.
Christian Lell, der vor wenigen Tagen seinen 31. Geburtstag gefeiert hat und zuletzt vereinslos war, hat sich überraschend dem kleinen Klub aus der 3366 Einwohner zählenden Gemeinde Weyarn in Oberbayern angeschlossen. Und der Klub freut sich über seinen "Transfercoup" und zeigt sich ziemlich stolz auf seiner Homepage und auf seiner Facebook-Seite . Lells letzter Klub war der UD Levante in Spanien, für den er von 2012 bis 2014 unter Vertrag stand. Vor anderthalb Jahren wurde sein Vertrag dort aufgelöst.
"Er könnte bei uns eigentlich auf jeder Position spielen"
Dass die Lell-Verpflichtung kein Witz, kein PR-Gag oder sonstwas Lustiges ist, bestätigt Thomas Spiesl, der für den Dorfklub als Fußball-Abteilungsleiter, als Pressesprecher und als Webmaster tätig ist: "Ja, die Meldung stimmt, es ist wahr, dass Christian Lell zu uns kommt." Durch ein zufälliges Treffen im Urlaub auf Ibiza von TSV-Urgestein Karl Heinz Wiesner mit Lell sei der Kontakt und die Idee entstanden. In den vergangenen Wochen war Ex-Profi Lell dann zwei Mal beim Training in Weyarn. Nun wartet der TSV, dessen erste Mannschaft zweimal pro Woche trainiert, auf die offizielle Spielberechtigung für seinen neuen Star.
"Sportlich ist Christian Lell natürlich eine Bereicherung für uns, er spielt auf einem ganz anderen Level", so Spiesl. "Wir wollen damit aber auch den Bekanntheitsgrad unseres Vereins steigern und haben ein gewisses Medienecho auf die Verpflichtung erwartet." Reaktionen auf den spektakulären Transfer haben sie in Weyarn nun bereits reichlich bekommen - via Facebook gab es jedoch auch vereinzelt kritische Kommentare gegenüber Christian Lell, der in seiner Bundesliga-Zeit durch sein Privatleben für die eine oder andere größere Schlagzeile gesorgt hatte. "Ich habe ihn hier bei uns als höflichen und netten Menschen kennengelernt", sagt Thomas Spiesl dazu.
Wie alle anderen TSV-Amateurkicker auch werde der frühere Profi, der mit dem FC Bayern München 2008 und 2010 Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger wurde, in Weyarn kein Geld bekommen. "Wir zahlen keinem Spieler etwas. Christian Lell wohnt nur 40 Minuten entfernt und möchte sich in den Verein einbringen, vielleicht auch mal in die Nachwuchsarbeit hineinschnuppern", so Abteilungsleiter Spiesl, der den Rechtsfuß am ehesten auf der Sechs im zentralen TSV-Mittelfeld sieht. "Er könnte bei uns aber eigentlich auf jeder Position spielen", so Spiesl.
Mit dem Spielen allerdings ist das so eine Sache: Im Anschluss an die Relegationspartie mit Hertha BSC Berlin bei Fortuna Düsseldorf im Mai 2012 ist Lell für fünf Spiele gesperrt worden. Nun prüfen der DFB und der spanische Verband den Fall.
Hinweis der Redaktion:
Dieser Text wurde am 3.9., 16 Uhr, ergänzt.