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Afsin: "Vor allem für Spieler, die nie in höheren Ligen am Ball waren, ist die Torjägerkanone eine geile Aktion."[Foto: HSV V/privat/Collage FUSSBALL.DE]
Ilyas Afsin (27) stürmt für den Hamburger SV. Im Klub von Legenden wie Uwe Seeler, Kevin Keegan oder Horst Hrubesch ist er in dieser Saison mit sensationellen 34 Treffern nach nur zehn Einsätzen der erfolgreichste Torschütze - wenn auch nur für die 5. Mannschaft in der 9. Liga. Im Interview spricht der 27-Jährige über ein besonders emotionales Spiel, die Torjägerkanone für alle und Marco Reus.
FUSSBALL.DE: Warum kickt ein früherer Oberligaspieler mit gerade einmal 27 Jahren in der Hamburger Kreisklasse, Herr Afsin?
Ilyas Afsin: Diese Frage wird mir häufig gestellt, zumal ich ja bewiesen habe, dass ich in der Oberliga bestehen und auch meine Tore schießen kann. Ich muss aber sagen, dass ich durch die Corona-Pandemie den Spaß daran ein wenig verloren habe. Nach zwei abgebrochenen Spielzeiten war irgendwie der Reiz nicht mehr da, den vergleichsweise hohen Aufwand weiter zu betreiben. Das Leben besteht eben nicht nur aus Fußball. Als Kurierfahrer bin ich beruflich stark eingespannt, da kommt das Privatleben ohnehin oft zu kurz. Deshalb spiele ich jetzt lieber mit meinen Kumpels und meinem kleinen Bruder Okan in der Kreisklasse - und habe viel Spaß dabei.
Bei gerade einmal zehn Einsätzen in dieser Saison haben Sie bereits 34 Treffer erzielt. Was treibt Sie an?
"Ich muss nicht Kapitän sein, um meinen Mund aufzumachen. Dafür bin ich im Hamburger Amateurfußball bekannt und vielleicht auch ein wenig als 'Meckerliese' berüchtigt"
Afsin: Wer mich kennt, der weiß, dass ich sehr ehrgeizig bin. Daran ändert auch die Spielklasse nichts. Ich bin nicht in der Kreisklasse, um mich auszuruhen, sondern um meine bestmögliche Leistung zu bringen und so viele Tore wie möglich zu erzielen. Auch in der 9. Liga muss man erst einmal so oft treffen. Hinzu kommt, dass ich unseren Trainer Michael Stegemann schon sehr lange kenne. Wir pflegen ein freundschaftliches Verhältnis und haben uns vorgenommen, das Team gemeinsam nach vorne zu bringen.
Obwohl die Konkurrenten teilweise deutlich mehr Partien bestritten haben, mischen Sie im Rennen um die Torjägerkanone für alle in der 9. Liga in der Spitzengruppe mit. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Afsin: Realistisch gesehen, sind die Chancen nur gering, da wir lediglich 20 Saisonspiele bestreiten. Vildan Islami, der aktuell in Führung liegt und bislang vier Tore mehr erzielt hat als ich, kann für Viktoria Kelsterbach bis zu 34 Partien absolvieren. Von daher wäre es vielleicht gerechter, die Torquote pro Spiel heranzuziehen. Dann würde es für mich besser aussehen. (lacht) Dennoch muss ich natürlich zugeben, dass ich schon regelmäßig nachschaue, wie der Stand der Dinge ist. Für Amateurfußballer ist FUSSBALL.DE ja auch mit den gesamten Ergebnissen, Tabellen und Statistiken die wohl wichtigste Informationsquelle überhaupt. Mal sehen, ob ich mich noch ein wenig verbessern kann.
Wie finden Sie grundsätzlich die Aktion, die vom Fachmagazin kicker und FUSSBALL.DE in Kooperation mit Volkswagen durchgeführt wird?
Afsin: Vor allem für Spieler, die noch nie in höheren Ligen am Ball waren, ist es eine geile Aktion. Sie bekommen dadurch einen besonderen Anreiz und auch mal die Aufmerksamkeit von Medien. Ich gönne es jedem, der am Ende eine Torjägerkanone abräumt.
Was würde Ihnen der Gewinn der Trophäe bedeuten?
Afsin: Für mich persönlich ist es jetzt kein spezielles Ziel, die Torjägerkanone zu gewinnen. Mir geht es in erster Linie darum, dass ich der Mannschaft helfe und dass wir aufsteigen. Dennoch gebe ich mein Bestes, um so viele Tore wie möglich beizusteuern. Zugegeben: Sollte ich am Ende trotz unserer wenigen Spiele oben stehen, würde mich das schon freuen.
Beim Hamburger SV spielten Sie zunächst sogar in der achten Mannschaft in der Kreisklasse B, rückten dann in die "Fünfte" auf. Wie kam es dazu?
Afsin: Nicht ich persönlich, sondern unsere gesamte Mannschaft ist vor dieser Saison aufgerückt, weil das eher unserem Leistungsstand entspricht und wir eine Liga tiefer deutlich unterfordert waren. Wenn uns jetzt der Aufstieg in die Kreisliga gelingt, könnte es sogar sein, dass wir künftig die vierte HSV-Mannschaft sein werden, weil das aktuelle Kreisliga-Team einen Abstiegsplatz belegt. Sonst spielen wir halt als "Fünfte" weiter. Als Mannschaft bleiben wir auf jeden Fall zusammen.
Sie sind auch Kapitän des Teams. Wie gerne tragen Sie die Binde?
Afsin: Ich muss nicht Kapitän sein, um meinen Mund aufzumachen, wenn Sie das meinen. Dafür bin ich im Hamburger Amateurfußball bekannt und vielleicht auch ein wenig als "Meckerliese" berüchtigt. Umso mehr muss ich den Jungs Respekt zollen, dass sie durchaus auf mich hören und mich unterstützen. Ich bin ein Typ, der gerne vorweggeht und in Zusammenarbeit mit dem Trainer einiges für das Team investiert.
Welchen Stellenwert haben die Amateurkicker aus der Kreisklasse in einem so großen Klub wie dem HSV?
Afsin: Schwierige Frage. Grundsätzlich würde ich sagen, dass es beim HSV neben den Profis und der U 21 keine weiteren sechs Männermannschaften geben würde, wenn sich der Verein nicht auch in diesem Bereich stark engagieren würde. Ich weiß, dass wir von der Amateurabteilungsleitung um Frank Schaube maßgeblich unterstützt werden, beispielsweise auch bei Trainingszeiten oder Ausrüstung. Auch bei unseren Spielen ist er regelmäßig präsent und zeigt großen Respekt für unsere Leistungen.
Gibt es auch Kontakt zu anderen Teams oder sogar zu den Profis?
Afsin: Aus der dritten Mannschaft kenne ich einige Spieler, weil ich ja selbst viele Jahre in der Oberliga am Ball war. Mit den anderen Amateurteams spielen wir auf der gleichen Platzanlage in Norderstedt, teilen uns die Trainings- und Spielzeiten. Wir bestreiten unsere Heimspiele deshalb beispielsweise immer erst sonntags ab 17.30 Uhr, weil vorher andere Mannschaften dort aktiv sind. Zur Profiabteilung gibt es meines Wissens keine direkte Verbindung, unter anderem auch aus räumlichen Gründen.
Dann mal anders gefragt: Wie cool ist es, für einen Amateurfußballer aus der 9. Liga, die berühmte HSV-Raute auf der Brust zu tragen?
Afsin: Ich möchte ehrlich sein: Zu Beginn hat das für mich keine große Rolle gespielt. Inzwischen aber hat sich diese Einstellung schon deutlich geändert. Mir ist inzwischen bewusst geworden, welche Ausstrahlung der Verein zum Beispiel auf unsere Gegner hat. Da heißt es dann nicht, es geht gegen eine fünfte Mannschaft, sondern gegen den "großen" HSV. Entsprechend hoch ist auch die Motivation, uns zu ärgern und im besten Fall zu besiegen. Für uns ist das wiederum ein Anreiz, das nicht zuzulassen.
Ihre Mannschaft führt mit elf Siegen aus elf Spielen die Tabelle an, Sie sind mit 20 Toren Vorsprung Erster der Torjägerliste. Wie zufrieden sind Sie mit dem Abschneiden?
Afsin: Wie gesagt: Das wichtigste Ziel ist der Aufstieg mit dem Team. Da sind wir auf einem sehr guten Weg, zumal wir gegen unseren ersten Verfolger aus Poppenbüttel schon zweimal gewonnen haben. Meine Torausbeute ist in Ordnung, wobei man neben unserer geringen Anzahl an Spielen auch noch berücksichtigen muss, dass ich gegen Poppenbüttel zweimal als Innenverteidiger aufgelaufen bin, da wir in der Abwehr einen personellen Engpass hatten. Sie sehen also: Ich bin nicht nur heiß auf Tore, sondern auf den Erfolg mit dem Team. (lacht)
Ihre 34 Treffer erzielten Sie in acht Partien. Nur bei zwei Einsätzen gingen Sie leer aus. Hatten Sie eine solche Ausbeute erwartet?
Afsin: Eigentlich schon. (lacht) Ich habe schließlich eine Wette mit dem Trainer abgeschlossen.
Wie viele Tore sollen es denn bis zum Saisonende werden?
Afsin: Ich habe gewettet, dass mir 60 Tore gelingen. Aktuell bin ich einigermaßen im Soll, muss mich aber in der Rückrunde ganz schön ranhalten und meine bisherige Torquote bestätigen. Wenn es klappt, dann muss Michi eine Runde Döner für die gesamte Mannschaft spendieren.
Auffällig ist, dass Sie sehr viele Tore in der ersten Halbzeit erzielen, oft sogar schon in der Anfangsphase. Sind Sie immer sofort hellwach?
Afsin: Das stimmt auf jeden Fall. Das heißt aber nicht, dass ich im weiteren Spielverlauf immer so stark nachlasse oder dass ich keine Luft für 90 Minuten habe. (lacht) Es gibt eher andere Gründe, warum ich in der zweiten Halbzeit nicht mehr so oft treffe.
Jetzt haben Sie uns neugierig gemacht.
Afsin: In vielen Spielen sind wir recht deutlich überlegen. Wenn wir dann in der zweiten Halbzeit klar führen, dann schleicht sich beim Team im Gefühl des sicheren Sieges schon mal der Leichtsinn ein oder es wird ein, zwei Gänge heruntergeschaltet. Dazu will dann jeder auch mal selbst ein Tor erzielen, sodass der besser postierte Mitspieler schon mal leichter übersehen wird. Deshalb bin ich aber niemandem böse. Das ist im Fußball normal.
Wo sehen Sie Ihre Stärken und Schwächen?
Afsin: Ich würde mich vor allem als zielstrebig beschreiben, habe den sogenannten Zug zum Tor. Gerade in der Kreisklasse macht sich außerdem bemerkbar, wenn man ein höheres Tempo sowie eine bessere Handlungs- und Reaktionsschnelligkeit gewohnt ist. Kopfbälle sind bei einer Körpergröße von 1,70 Metern nicht unbedingt meine Stärke. Ich weiß aber schon, wie ich meinen Körper in den Zweikämpfen einsetzen muss.
Welchem Vorbild eifern Sie nach?
Afsin: Die Art und Weise, wie Marco Reus Fußball spielt, finde ich genial. Er hat immer eine Idee, ist auf seine Art raffiniert und denkt oft schon zwei, drei Ecken weiter. Das gefällt mir.
Gab es einen besonderen Höhepunkt in dieser Saison?
Afsin: Oh ja, den gab es - allerdings mit einem traurigen Hintergrund. Unmittelbar vor einer Partie hatte einer meiner Mitspieler seinen Vater verloren. Das ging mir sehr nahe. Deshalb haben wir nach meinem Führungstreffer zum 1:0 sein Trikot hochgehalten und vor der Trainerbank ein gemeinsames Teamfoto gemacht, um unsere Solidarität mit unserem Teamkollegen zu bekunden. Das hat unser Gegner genutzt, um den Ausgleich zu erzielen. Das hat mich so sehr angestachelt, dass ich bis zur Pause noch fünf weitere Tore markiert habe. Am Ende stand es 16:1 für uns. Das war schon sehr emotional.
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