Als Joel Matip 1997 seinen Heimatverein SC Weitmar 45 bereits mit sechs Jahren verlässt und zum Nachbarn VfL Bochum wechselt, ahnt sicher noch niemand, dass dieser Junge gut zwei Jahrzehnte später einmal Champions-League-Sieger werden würde. Nun ist der Abwehrspieler des FC Liverpool für einen Tag zu seinem Jugendklub zurückgekehrt.
Groß war die Freude bei den F2-Junioren des SC Weitmar 45, als "Jimmy" plötzlich wirklich vor ihnen stand. "Die Kids waren ganz aufgeregt", erzählt Trainerin Karina Vogel. Einer der Jungs, die bei dieser besonderen Trainingsstunde mit dem Star aus der Premier League am Ball waren, heißt Mika – er ist der Neffe von Joel Matip. "Er ist der Sohn von Joels Schwester Becky", verrät Vogel. "Sie hat mir gesagt, dass Joel gerade zu Besuch bei der Familie ist, und mich gefragt, ob es okay wäre, wenn er mal zum Training mitkommen würde."
Gesagt, getan: Plötzlich stehen drei Generationen der Matips auf dem Sportplatz an der Hasenkampstraße. Neben dem siebenjährigen Mika und seinem großen Onkel ist es Opa John, der Vater von Joel und dem derzeit vereinslosen Ex-Ingolstädter Kapitän Marvin Matip. "John wird jetzt häufiger da sein und mich künftig beim Training unterstützen", teilt Karina Vogel mit.
Etwa 90 Minuten dauert die Einheit, so wie ein Spiel bei den Profis. Erst kickt Joel Matip eine halbe Stunde mit der F1 und dann ist die Mannschaft seines Neffen Mika dran. "Das hat richtig Spaß gemacht", berichtet Vogel. "Er hat ein paar Tricks wie den Übersteiger gezeigt und dann auch mal alleine oder nur mit seinem Papa über den halben Platz gegen zehn Kids gespielt."
"Das Training mit Joel war ein echtes Highlight für meine Jungs. Natürlich haben alle gefragt, wann er wieder kommt"
"Zurückhaltend, eher schüchtern"
Danach gibt es jede Menge Selfies mit dem berühmten ehemaligen Weitmarer Jugendkicker, den es nach seinen weiteren Ausbildungsjahren beim VfL Bochum schon mit neun Jahren weiter zum FC Schalke zieht. Dort befördert ihn S04-Ex-Coach Felix Magath als 18-Jährigen von der U 23 in die erste Mannschaft, bei seinem Profidebüt in der Bundesliga gelingt dem inzwischen über 1,90 Meter langen Schlaks gleich ein Tor – und zwar ausgerechnet gegen Bayern München.
Sieben Jahre bleibt der treue Innenverteidiger auf Schalke, absolviert für die Königsblauen insgesamt 194 Einsätze in der Bundesliga, sammelt erste Erfahrungen auch in der Champions League und holt 2011 den DFB-Pokal nach Gelsenkirchen. Weil er neben dem deutschen Pass auch den des Heimatlandes seines Vaters John besitzt, wird er Nationalspieler Kameruns und gleich für die WM 2010 in Südafrika nominiert.
Im Sommer 2016 folgt der nächste große Karriereschritt. Ex-BVB-Meistercoach Jürgen Klopp holt den ablösefreien Matip nach Liverpool, wo er mit dem Gewinn der europäischen Königsklasse im Finale gegen Tottenham den bisher größten Höhepunkt seiner Laufbahn feiert. "Davon merkt man ihm gar nichts an, im Gegenteil: Joel ist sehr zurückhaltend, eher schüchtern", meint Trainerin Vogel.
Liverpool-Trikots schwer in Mode
Vogel hat früher selbst Fußball gespielt, war so gut, dass sie mit den Jungs zusammen in einer Mannschaft stand. Weil das nur bis zu einem gewissen Alter möglich ist, wechselte sie zum Nachbarn Weitmar 09, der auch ein Mädchenteam im Spielbetrieb hatte. Nun ist sie wieder beim SC Weitmar 45, inzwischen eben als Trainerin der Kleinsten. "Das Training mit Joel war ein echtes Highlight für meine Jungs. Natürlich haben alle gefragt, wann er wieder kommt", erzählt die 19-Jährige.
Gute Frage, denn einen Zeitpunkt konnte Joel Matip natürlich nicht nennen. An der Anfield Road beginnt die Vorbereitung auf die neue Saison, da wird es für den 27-Jährigen schwer mit einem Heimatbesuch. Vorerst müssen die Weitmarer Kids also mit Papa John und Neffe Mika auf dem Platz auskommen – und die neu erlernten Tricks vom Champions-League-Sieger so lange üben, bis Joel wieder bei der Familie in Bochum-Weitmar vorbeischaut.
Das natürlich vermehrt in Liverpool-Trikots. "Die sind bei uns zurzeit sehr in Mode", grinst Karina Vogel.
Autor/-in: Heiko Buschmann