Tipps: So gründe ich Frauen- und Mädchenteams
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Ein Mann in seinem Stadion: der 92-jährige Ludwig Plöchl. [Foto: privat]
Nachdem Ludwig Plöchl als Kriegsgefangener aus einem Bergwerk in Lothringen geflohen war, gründete er in Niederbayern mit ein paar Kameraden die SpVgg Kirchdorf-Eppenschlag. Am 15. April 1947. Den Verein gab es nun also – aber sonst nichts. Plöchl baute den Klub auf und ist ihm heute, im Alter von 92 Jahren, immer noch treu. Die Heimspiele des Kreisliga-Teams im Ludwig-Plöchl-Stadion sieht sich unsere FUSSBALL.DE-Kultfigur der Woche Sonntag für Sonntag an. Eintritt frei.
Sich Zeit zu nehmen für die vermeintlichen Nebensächlichkeiten im Leben, das hat sich für Ludwig Plöchl stets ausgezahlt. Als der Zweite Weltkrieg begann, betrieb seine Familie einen kleinen Bauernhof und einen Krämerladen. Und als sein Vater eingezogen wurde, da übernahm der 14-jährige Sohn das Zusatzgeschäft: Er mischte Limonade, die damals im Bayerischen Wald, sofern überhaupt bekannt, nur „Kracherl“ hieß. Das Wasser kam aus einem Schlauch, der Sirup setzte er mit einem Eierbecher zu; eine Arbeit, die viel Augenmaß erforderte.
Die Nebensächlichkeiten wurden zum Lebensmittelpunkt, und mehr als 70 Jahre später kann Plöchl mit Stolz begutachten, was er geschaffen hat. Fast täglich schaut er in der Limonadenfirma vorbei, die seinen Namen trägt, und die zurzeit von seinem Sohn, Ludwig Junior, geführt wird. Und wenn der Ball rollt, dann sieht er jede Woche der Mannschaft der SpVgg Kirchdorf-Eppenschlag zu – auch bei Auswärtsspielen. Jene Mannschaft, die es ohne hin vermutlich nicht geben würde.
Das zweite Lebenswerk begann, als Plöchl selbst aus dem Krieg zurückkehrte. Nur wenige Monate, nachdem er als Kriegsgefangener aus einem Bergwerk in Lothringen geflohen war, gründete Plöchl mit ein paar Kameraden aus dem Ort die SpVgg Kirchdorf-Eppenschlag. Damals musste man eine Genehmigung der Militärregierung erbitten, wenn sich mehr als drei Menschen zusammenfinden wollten. Die dafür zuständige US-Verwaltung befand sich im rund 20 Kilometer entfernten Zwiesel. Plöchl fuhr mit dem Rad dorthin und bekam den ersehnten Stempel, am 15. April 1947.
"Es hat ja damals nicht so viele Vereine gegeben. Und so haben wir als kleines Dorf oft gegen die großen Städte in der Region gespielt"
Den Verein gab es nun also – aber sonst nichts. Keine vernünftigen Sportschuhe, keine Schnürsenkel, nicht einmal einen Fußball, geschweige denn einen Platz. „Wir haben Butterschmalz getauscht, in Nürnberg auf dem Schwarzmarkt“, erzählt der 92-jährige Plöchl 70 Jahre später, das Fett hatten sie von Bauern bekommen, die ihr Projekt unterstützten. Auch der selbstangebaute Tabak des Kumpanen Anton Korn half. Aus dem ertauschten Leder machte der Sattler Fritz Sochor etwas, das ein wenig an Fußbälle erinnerte. Trikots wurden selbst geschneidert. So wurde der Fußball in Kirchdorf früh zum gesellschaftlichen Mittelpunkt: Alle halfen zusammen, damit der Verein wachsen konnte. Ein Ball, so wie er seinerzeit aussah, ist heute auch noch passenderweise im Wappen der SpVgg zu sehen.
Für ein erstes Freundschaftsspiel wurde in Eppenschlag eine Wiese gemäht und hergerichtet, schon im Sommer desselben Jahres wurde auf Plöchls Initiative hin am Spielbetrieb teilgenommen. „Es hat ja damals nicht so viele Vereine gegeben“, erzählt Plöchl, „und so haben wir als kleines Dorf oft gegen die großen Städte in der Region gespielt.“ Heimspiele waren irgendwann kein Problem mehr, alle packten ja an und halfen mit. Ein viel größeres Problem in der Anfangszeit waren die Auswärtsfahrten. In der Chronik auf der Vereins-Homepage wird erzählt, wie man zu einem Verbandsspiel ins 16 Kilometer entfernte Langdorf kam: Neun Kilometer zu Fuß zum Bahnhof nach Spiegelau, dann mit dem Zug weiter. Am Spielfeld in Langdorf angekommen waren Plöchl und die anderen Spieler bereits aufgewärmt: Denn vom Bahnhof musste man sich beeilen, rechtzeitig zum Anpfiff da zu sein. Auf der Rückfahrt reiste man dann über Regen und, typisch für diese Zeit, per Anhalter auf offenen Lkws. Es gibt Momente im Leben, in denen sogar Fahrtwind bei minus 20 Grad Celsius zusammenschweißen können.
Plöchl selbst stand im Tor und trug dazu bei, dass die Mannschaft gegen schier übermächtige Gegner wettbewerbsfähig blieb – denn er hatte Talent. Er hatte während seiner Ausbildung in München kurz auch beim TSV 1860 gespielt, man hatte ihn vom Post SV München abgeworben. Später dann stand er in der Niederbayern-Auswahl – die Duelle der Bezirke war damals „noch was wert“, wie Plöchl sagt, Tausende Zuschauer kamen damals zu den Partien.
Mit Anfang 40 beendete Plöchl seine aktive Karriere und wurde Präsident des Vereins, später Ehrenvorstand. Woran er sich am liebsten erinnert? Plöchl mag stolz auf sein Lebenswerk sein, aber noch stolzer ist er, wenn die Mannschaft etwas erreicht: „Die Landesliga-Zeit war besonders schön, das war der größte Erfolg.“ Das ist noch gar nicht so lange her, zwischen 2005 und 2008 hielt sich das Team in der gehobenen Amateurklasse. Und empfing im idyllischen Stadion mit seinem steilen Hang hinter dem West-Tor Mannschaften wie den FC Amberg , den FC Passau oder Jahn Regensburg II. Nach mehreren Abstiegen hat sich die SpVgg zuletzt wieder gefangen und spielt seit 2014 in der Kreisliga Bayerwald. Die Saison 2016/17 endete auf dem soliden achten Platz.
Zum 90. Geburtstag wurde dem Gründungsmitglied eine besondere Ehre zuteil: Das Waldstadion wurde in Ludwig-Plöchl-Stadion umbenannt. „Das hat mich freilich sehr gefreut“, sagt er. Eintritt? Nein, den müsse er nicht zahlen, sagt er und lacht.
Rund 350 Meter lebt er vom Fußballplatz entfernt, selbstredend geht der rüstige Rentner den Weg zum Spiel zu Fuß. Nur eine Kleinigkeit hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Früher stand Plöchl meist hinter dem Tor, schon allein deshalb, um seine Nachfolger im Kasten genau beobachten zu können. Doch mittlerweile sehe er nicht mehr so gut, sagt Plöchl, und so könne er nicht mehr beobachten, was sich 100 Meter entfernt vor dem anderen Tor tue. Also hat Plöchl nun eine eigene Holzbank auf der Höhe der Mittellinie, wo er sich regelmäßig mit ein paar alten Freunden niederlasse. Die Bank soll auch noch ausgebaut werden, habe er gehört.
Es freue ihn sehr, wieviel Respekt ihm entgegengebracht wird, „die jungen Spieler grüßen mich immer freundlich.“ Und viele von ihnen spielen offenbar auch ganz gut. „Aus der Jugend kommen sechs, sieben Gute zur ersten Mannschaft. Die Mannschaft wird wieder stark.“ Vielleicht schenken sie ihrem Gründungsmitglied in einer der kommenden Spielzeiten ja noch einen Aufstieg in die Bezirksliga.
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