Viele Teams begeben sich während der Saisonpause auf Mannschaftsfahrt. Auch die erste Herren des PSV Braunschweig. Für die 35-köpfige Truppe aus Niedersachen geht es aber nicht etwa nach Mallorca. Seit einigen Jahren zieht es die Spieler in die verlassenen Stadien Deutschlands - denn ein Großteil widmet sich leidenschaftlich ihrem Hobby: Groundhopping.
Vergangenes Wochenende war es wieder so weit. Das Ziel war der Werbellinsee in Brandenburg, wo die Mannschaft ein Freundschaftsspiel gegen den SV Hohenwart bestritt. Neben den eigenen Fans zog das Event auch zahlreiche Groundhopper aus der Szene an.
"Vor einigen Jahren saßen wir bei einer Bierlaune zusammen und hatten den Gedanken, dass es cool wäre, wenn wir unsere Mannschaftsfahrt mit unserem Hobby Groundhopping, also mit dem Besuch eines neuen Stadions oder der Ausrichtung eines Spiels verbinden könnten. Idealerweise an einem sogenannten 'Lost Ground', also einem Platz, der im Ligabetrieb nicht mehr bespielt wird, damit wir auch anderen aus der Community etwas Gutes tun können", erzählt Helge Keller, Mitorganisator des Events.
Stadien mit Historie
"So eine Kulisse sind die wenigsten von uns gewohnt. Das ist total reizvoll"
Das Spiel im Stadion "Werbellinsee" zog fast 600 Zuschauer*innen aus der Groundhopping-Szene nach Brandenburg. Eine beeindruckende Kulisse für den PSV Braunschweig, der sonst in der 2. Kreisklasse unterwegs ist. "So eine Kulisse sind die wenigsten von uns gewohnt. Das ist total reizvoll. Aus organisatorischer Sicht ist es zudem schön, dass wir so viele Menschen glücklich machen können. Die Zuschauer*innen sind total dankbar, dass wir ein solches Event organisieren. Viele kennen sich, da man sich regelmäßig auf Sportplätzen und in Stadien sieht. Es herrscht daher immer eine sehr familiäre Atmosphäre, wie bei einem Klassentreffen", beschreibt Keller den Reiz der Veranstaltung.
Auch für das Rahmenprogramm stellt der Verein einiges auf die Beine. Zu jedem Ground wird ein Stadionheft zusammengestellt. Zudem werden individualisierte Eintrittskarten verkauft, Catering organisiert und selbstgebrautes sowie aus Braunschweig mitgebrachtes Bier ausgeschenkt. "Das sind schon viele tolle Sachen, die wir da initiieren, aber es ist ja auch nicht ganz uneigennützig. Die Groundhopper aus unserer Mannschaft können am Ende für die jeweiligen Stadien ja auch ihre Kreuze setzen", ergänzt der Organisator. Für die Auswahl des Standorts sei vor allem relevant, dass dort kein aktiver Ligabetrieb mehr stattfindet. Darüber hinaus seien die Atmosphäre und Historie der Areale ein Kriterium.
{{photo.caption}}
{{photo.copyright}}
Auftritte der DDR-Auswahl
Beim Stadion am Werbellinsee handelt es sich um einen besonders geschichtsträchtigen Ort, welcher in der DDR als Pionierlager genutzt wurde. Zudem war die Anlage Schauplatz mehrerer Spiele der DDR-Auswahl. Nach Recherchen der Verantwortlichen fand zuletzt 2008 aktiver Spielbetrieb am Webellinsee statt. "Die Hopper-Szene ist in den letzten Jahren ungemein gewachsen und hat sich zudem stark verjüngt. Das heißt, viele waren 2008 noch nicht dabei und haben in dem Stadion noch kein Spiel besucht. Das macht es als Ground sehr attraktiv", erklärt Keller. Durch die Lage am See sowie eine kleine Steintribüne bot sich darüber hinaus auch ein stimmungsvolles Ambiente. "Wir suchen immer das Besondere. Letztes Jahr waren wir beispielsweise auf Helgoland. Da lag der Ground 100 Meter vom Meer entfernt, das war auch sehr schön", berichtet Keller.
"Wir kriegen immer mal wieder Hinweise aus der Community, wo es noch Perlen gibt. Außerdem informieren wir uns in Foren, wie viele Hopper*innen ein Stadion schon besucht haben und versuchen daraufhin einen guten Kompromiss zu finden. Aber der Ort muss sich natürlich auch für eine Mannschaftsfahrt eignen. Auch für die Spieler von uns, die mit Groundhopping nichts zu tun haben, sollen unsere Events coole Aktionen sein", ergänzt der Organisator.
Wo es die Mannschaft im nächsten Jahr hinzieht, stehe noch nicht fest, sagt Keller: "Wir wollen erstmal ein bisschen Abstand zu dem Event gewinnen. Der Workload ist im Vorfeld immer sehr hoch. Jetzt fahren wir erstmal runter und bereiten das Ganze nach. Es wird sicherlich ein schönes Ding werden und wir versuchen immer etwas zu finden, was nicht jeder auf dem Zettel hat. Wenn wir dann so eine Fahrt wie in diesem Jahr wieder hinbekommen, wäre das super. Wir sind deutschlandweit auf der Suche und freuen uns immer über Hinweise."
Wer einen Vorschlag für den nächsten Austragungsort hat, kann den PSV Braunschweig über Instagram @psv_braunschweig_1.herren kontaktieren.