17:1 und 15:0! In den ersten beiden Punktspielen unter ihrem neuen Trainer haben die Kids der E2-Jugend des TSV Grünwald gegen die SG Leitzachtal 2 und bei den SF Föching 3 richtig aufgedreht. Ihr Trainer heißt Lothar Matthäus.
Der deutsche Rekordnationalspieler und Kapitän der Weltmeisterelf von 1990 hat mit Beginn dieser Saison das Traineramt in dem Münchner Vorort übernommen. Sein Sohn Milan spielt dort, der Achtjährige ist vom FC Unterföhring nach Grünwald gewechselt, ein Freund von ihm kickt beim TSV. Im Interview mit FUSSBALL.DE verrät der 61-Jährige, was er von den jungen Kickern erwartet und wie er das Ehrenamt im Fußball unterstützen will.
FUSSBALL.DE: Herr Matthäus, wie kommt es, dass Sie sich für den TSV Grünwald engagieren?
Lothar Matthäus: Mein Sohn Milan spielt seit Anfang des Jahres in Grünewald und ich habe in der vorigen Saison schon ein paarmal ausgeholfen, wenn der Trainer der Jungs aus zeitlichen Gründen nicht konnte. Nun musste er ganz aufhören und ich bin gerne eingesprungen, auch wenn ich viele Verpflichtungen habe, sonst hätten sie vielleicht gar keinen Trainer gehabt. Leider gibt es zu wenige ehrenamtliche Trainer, ob in Grünwald oder in anderen Vereinen, und das betrifft ja auch andere Sportarten, nicht nur den Fußball. Wenn dann ein ehemaliger Profi eine Jugendmannschaft übernimmt, dann ist das auch ein Zeichen nach außen: Tut etwas, damit die Kinder Bewegung haben und zum Sport gehen.
"Wenn ein ehemaliger Profi eine Jugendmannschaft übernimmt, ist das auch ein Zeichen nach außen: Tut etwas, damit die Kinder Bewegung haben"
Sie haben als Spieler eine Weltkarriere hingelegt und als Trainer Profiklubs in internationalen Ligen sowie zwei Nationalmannschaften betreut. Ist es für Sie ungewöhnlich, nach all den Stationen im Profibereich jetzt Kinder zu trainieren?
Matthäus: Natürlich ist das eine Umstellung, aber es macht Spaß. Ich mache das gerne, solange das mit meinen Terminen passt. Es ist viel Aufwand, zumal ich in München wohne und nicht in Grünwald und wir jetzt dreimal in der Woche Training haben, dazu kommt das Spiel am Wochenende. Die Situation war aber vorher unbefriedigend, da haben zwei 16- oder 17-Jährige die Kids trainiert, und ich habe mir gesagt, dass es doch besser wäre, wenn ich das übernehme. Ich habe ja Milan sowieso immer zum Platz gefahren, dann kann ich auch gleich das Training übernehmen, wenn ich schon mal da bin.
Was sagt Ihr Sohn Milan dazu, dass sein Papa jetzt sein Trainer ist?
Matthäus: Wir kommen beide gut damit zurecht. Vorher in Unterföhring und das letzte Dreivierteljahr in Grünwald war ich nur gelegentlich sein Trainer, jetzt halt fest. Wir sprechen viel über Fußball, aber auch über andere Dinge. Milan ist an vielen Dingen interessiert, er macht seine Schule und spielt auch Basketball und Tennis.
Und wie nehmen die anderen Kids das Training auf? Sind Sie beim ersten Mal nicht in Ehrfurcht erstarrt, als Lothar Matthäus plötzlich vor ihnen stand?
Matthäus: Nein, denn wie gesagt, ist die Situation nicht ganz neu, weil ich das in den vergangenen Monaten schon ein paarmal gemacht habe. Ich erwarte von den Kindern, dass sie sich auf ihre Sache konzentrieren, wenn sie auf dem Platz sind. Klar, in dem Alter sind sie noch verspielt und haben viel Blödsinn im Kopf, aber ich merke, dass sie sich verbessern und etwas erreichen wollen. Ich gehe meinen Weg, bin früher als Kind auch hart angepackt worden und ganz so klein sind sie auch nicht mehr. Von Zehnjährigen kann ich daher erwarten, dass sie eine Übung verstanden haben und ausführen können, wenn man sie ihnen zwei- oder dreimal gezeigt hat.
Wie finden es die Eltern, dass Ihre Kids von Lothar Matthäus trainiert werden?
Matthäus: Ich hoffe, gut! Es geht nicht um meinen Namen, sondern dass sie dazu bereit sind, einen gewissen Leistungsgedanken zu verfolgen. Die Kommunikation mit den Eltern ist daher sehr wichtig. Ich weiß, dass sie auch mal andere Verpflichtungen haben als den Fußball, zum Beispiel einen Geburtstag, und das Kind dann in Ausnahmefällen nicht zum Training kommen kann. Trotzdem sage ich: Wenn Training ist, dann ist das ein fester Termin, ähnlich wie in der Schule. Ich mag es nicht, wenn man sich daran nicht hält. So bin ich erzogen worden und so möchte ich es auch meinen Kindern und den Kindern der anderen Eltern weitergeben.
Müssen Sie eigentlich viele Autogramme schreiben, wenn Sie mit Ihrer Mannschaft zum Spiel fahren?
Matthäus: Wenn mich jemand nach dem Abpfiff darum bittet, dann mache ich das gerne, aber erst einmal geht es um die Jungs und das Spiel. Auch die meisten Medienanfragen haben wird daher abgesagt, denn wir wollen beim TSV Grünwald kein Hollywood haben. Einmal war ein Fotograf beim Training, und das war’s auch schon. Wir sind dem Bayerischen Fußballverband sehr dankbar, dass er unsere Spiele auf sonntags verlegt hat, denn durch meine Verpflichtungen samstags für Sky hätte ich sonst bei den Partien nicht dabei sein können.
Autor/-in: Günter Schneider