Nach Hoffenheim und Leipzig nun also die Bayern: Julian Nagelsmann ist in seiner Trainerkarriere ganz oben im deutschen Fußball angekommen. Mit einer rieisgen Ablöse ist der künftige Coach des deutschen Rekordmeisters gar zum teuersten Trainer der Welt aufgestiegen. Kein Wunder, dass der Hype um den 33-Jährigen in den letzten Wochen ein wenig an Hollywood erinnert.
Im unterfränkischen Rhön ist von dem Wirbel um Julian Nagelsmann allerdings nur bedingt etwas zu spüren. Nur im Zollamt in Schweinfurt macht automatisch der Name öfter mal die Runde. Hier arbeitet André Nagelsmann, der zehn Jahre ältere Bruder des Trainer-Überfliegers aus Landsberg am Lech. Im Interview verrät der Spielleiter des Fußballkreises Rhön, was er über den erneuten Aufstieg seines "kleinen" Bruders empfindet und warum er darauf hofft, dass auch der Amateurfußball demnächst wieder starten kann.
FUSSBALL.DE: Herr Nagelsmann, was sagen Sie zum Wechsel Ihres 'kleinen' Bruders zum FC Bayern?
André Nagelsmann: Erst war ich ein bisschen sprachlos, denn die Bayern sind ja noch einmal eine ganz andere Hausnummer als Leipzig oder vorher Hoffenheim. Das ist einer der größten und erfolgreichsten Vereine der Welt, von daher bin ich schon mächtig stolz auf meinen 'kleinen Bruder' (lacht) . Da wollte er immer hin, seit er Trainer geworden ist, nun ist der große Traum wahr geworden.
"Erst war ich ein bisschen sprachlos, aber dann hat der Stolz überwogen"
Nach den Stationen Hoffenheim, wo er der jüngste Bundesliga-Trainer aller Zeiten wurde, und Leipzig ist es also der logische Schritt für ihn?
Nagelsmann: Ja, so kann man es schon sagen. Er hat natürlich recht früh als Trainer Karriere gemacht, und der Wechsel von Hoffenheim nach Leipzig war schon ein enormer Sprung zu einem größeren Verein mit noch höheren sportlichen Ambitionen. Jetzt also die Bayern, da ist er ganz oben angekommen. Ich freue mich wahnsinnig für ihn!
Könnte ihn die hohe Ablösesumme belasten oder steckt er das mit seinem Selbstbewusstsein weg?
Nagelsmann: Das möchte ich nicht kommentieren. Die Summen im Profifußball sind für normale Menschen ohnehin nicht nachzuvollziehen, wenn über 200 Millionen Euro für den Wechsel eines Spielers bezahlt werden.
Wussten Sie schon, was kommen würde, als Hansi Flick seinen Abschied in München verkündete?
Nagelsmann: Ja, damit konnte man rechnen. Wenn der FC Bayern nicht an einen ausländischen oder in einer anderen großen europäischen Liga tätigen Trainer mit großem Namen und möglichst vielen Titeln im Gepäck denkt, sondern an einen deutschen Trainer, dann kann man schon auf Julian kommen (lacht) .
Wie wichtig wäre es, sich aus Leipzig mit einem Titel zu verabschieden, sprich das DFB-Pokalfinale zu gewinnen?
Nagelsmann: Das wäre sehr schön, dann hätte man auch einen positiven Abschluss und könnte gehen, ohne dass noch irgendwas offen wäre. Ich halte nächste Woche Donnerstag jedenfalls zu RB.
Sind Sie nicht immer auch ein wenig Fan des Vereins, den Ihr Bruder trainiert?
Nagelsmann: Natürlich, da hält die Familie zusammen. Ich könnte mir nicht vorstellen, für Dortmund zu sein, wenn es gegen Julians Mannschaft geht.
Hat sich eigentlich im Verhältnis zwischen Ihnen und Julian etwas verändert, seitdem er im Fußball zu einem der begehrtesten Trainer der Welt geworden ist?
Nagelsmann: Außer, dass er wenig Zeit hat, hat sich da nichts geändert. Wir sehen uns ab und zu, das ist wie in einer ganz normalen Familie.
Wie sieht es denn mit Ihrer eigenen Tätigkeit im Fußball aus? Wegen der coronabedingten Aussetzung des Spielbetriebs haben Sie als Spielleiter des Kreises Unterfranken/Rhön vermutlich schon seit einiger Zeit wenig zu tun, oder?
Nagelsmann: Das ist leider so. Wenn der komplette Spielbetrieb ruht, kommen natürlich auch kaum Anfragen, was meinen Bereich betrifft. Es wäre schön, wenn es irgendwann wieder losgehen würde, hoffentlich ab dem Sommer, aber das kann man noch nicht genau sagen.
Dafür kommen umso mehr Anfragen, was Ihren Bruder angeht.
Nagelsmann: Das kann man wohl sagen. Julian ist den Rummel um seine Person ja gewohnt, denn er ist schon eine gewisse Zeit im Profigeschäft dabei, aber bei jedem Wechsel will man auch von mir wissen, was ich dazu sage. Und wenn er jetzt zu den Bayern geht, nimmt das noch einmal eine ganz andere Dimension an. Aber gut, so ist es eben, ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie es wird, wenn es in München wirklich losgeht.
Noch dürfen keine Fans ins Stadion, aber haben Sie schon viele Kartenanfragen für die Spiele der Bayern?
Nagelsmann: Da wird sicher einiges kommen. Mal sehen, was ich machen kann... (lacht) .
Autor/-in: Günter Schneider