Das Winter-Transferfenster ist nun auch in den 14 Oberligen geschlossen: Einige der insgesamt 241 Fünftliga-Klubs in Deutschland gingen während der vergangenen vier Wochen ausgiebig einkaufen, um ambitionierte Ziele wie Regionalliga-Aufstieg oder Klassenverbleib im Auge zu behalten. Andere verzichteten oder hielten sich zumindest vornehm zurück.
Die Frage nach den prominentesten Neuzugängen in der 5. Liga ist schnell beantwortet: Um den Verbleib in der Hessenliga zu sichern und dann längerfristig auch höher gesteckte Zielsetzungen zu verfolgen, hat Aufsteiger SC Hessen Dreieich wohl bundesweit für die größten Schlagzeilen gesorgt. Neben zahlreichen Spielern wurde auch gleich die gesamte sportliche Führungsetage ausgetauscht. FUSSBALL.DE gibt einen Überblick über die wichtigsten Transfers in den Oberligen:
Einen ausgewachsenen Umbruch hat der abstiegsbedrohte Aufsteiger SC Hessen Dreieich aus der Hessenliga hinter sich. Eintracht Frankfurt-Legende und Bundesliga-Rekordspieler Karl-Heinz „Charly“ Körbel (61) scharte gleich eine ganze Reihe prominenter Ex-Profis um sich.
So lotste Körbel zum Jahreswechsel seinen früheren Frankfurter Teamkollegen und Ex-Nationalspieler Rudi Bommer vom Bayern-Regionalligisten Viktoria Aschaffenburg nach Dreieich, um dort den bisherigen Trainer Thomas Epp abzulösen. Der 58-jährige Bommer, der als Trainer auch schon in der 1. und 2. Bundesliga tätig war (unter anderem MSV Duisburg, TSV 1860 München, FC Energie Cottbus), erhielt einen Vertrag bis zum Sommer 2018. Neben seiner Tätigkeit als Chefcoach ist der 417-malige Bundesliga-Spieler Bommer auch als Sportdirektor tätig. Als Co-Trainer steht ihm der langjährige Frankfurter Profi Ralf Weber (46) zur Seite.
Unser aktuelles Video-Interview mit Rudi Bommer:
Neben den bekannten Namen in der sportlichen Führungsetage hat sich der SC Hessen auch auf dem Platz prominent verstärkt und sich unter anderem die Dienste von Youssef Mokhtari gesichert. Der 36-jährige Mittelfeldspieler bestritt mehr als 170 Spiele in der 1. und 2. Bundesliga. Der gebürtige Marokkaner Mokhtari lebt schon seit früher Kindheit im Rhein-Main-Gebiet. Für seine Heimat Marokko nahm er an 23 A-Länderspielen teil. Unter Rudi Bommer war Mokhtari schon in Burghausen, Duisburg und Aschaffenburg am Ball.
Vor der spektakulären Mokhtari-Verpflichtung hatten „Charly“ Körbel und Co. bereits den ehemaligen Bundesliga-Profi Mimoun Azaouagh (Schalke 04, VfL Bochum) nach Dreieich gelockt. Nach dem letzten Profi-Engagement beim 1. FC Kaiserslautern war es um den 33-jährigen „Frankfurter Bub“ lange Zeit still geworden. Fast eineinhalb Jahre war der begnadete Techniker von der Bildfläche verschwunden. „Ich sehe meine Verpflichtung als ein Projekt an, das auch über meine Karriere als Spieler hinaus weitergehen könnte“, sagt Azaouagh im Interview mit FUSSBALL.DE .
Überraschungs-Tabellenführer SC Teutonia Watzenborn-Steinberg hat sich dagegen auf dem Transfermarkt relativ zurückgehalten. Keigo Matsuda und Christopher Schadeberg vom Südwest-Regionalligisten TSV Steinbach sowie der zuletzt vereinslose Linksverteidiger Niclas Mohr sind zum Meisterschaftsanwärter gewechselt.
Im Kampf um die Meisterschaft in der Oberliga Niederrhein hat Tabellenführer Wuppertaler SV in der Winterpause noch einmal kräftig nachgelegt. Vom West-Regionalligisten Rot-Weiss Essen wurde Mittelfeldspieler Daniel Grebe verpflichtet. Dem 28-Jährigen, der vor kurzem Vater geworden ist, wurde neben seiner sportlichen Karriere als Fußballer auch eine berufliche Perspektive beim ehemaligen Bundesligisten in Aussicht gestellt. Der Linksfuß erhielt einen Vertrag bis 2018 und kann auf 105 Einsätze (zwölf Tore) in der Regionalliga zurückblicken.
„Daniel war unser Wunschspieler. Er soll uns mit seiner Erfahrung und Übersicht weiter nach vorne bringen“, sagte Wuppertals Sportdirektor Manuel Bölstler gegenüber FUSSBALL.DE . Neben Grebe nahmen die Bergischen auch Bilal Abdallah (zuvor BSV Schwarz-Weiß Rehden), Torhüter Sebastian Wickl (Rot-Weiß Oberhausen), Aleksandar Pranjes (TSV Meerbusch) sowie die zuletzt vereinslosen Cihan Kaptan und Emre Bayrak unter Vertrag.
Auch der wohl ärgte WSV-Konkurrent KFC Uerdingen 05 ging auf Shoppingtour, wenn auch nicht so ausgiebig. Stürmer Pascal Schmidt, zuletzt für den West-Regionalligisten Sportfreunde Lotte am Ball, Innenverteidiger Georgios Efthimiou (Niki Volos/Griechenland) sowie Angreifer Danny Rankl (TV Jahn Hiesfeld) sind die neuen Hoffnungsträger in der Krefelder Grotenburg. Aufsteiger SpVg Essen-Schonnebeck, der sensationell auf dem zweiten Tabellenplatz überwintert, ergänzte seinen Kader mit Innenverteidiger Oliver Rademacher (zuletzt 1. FC Bocholt) und dem vereinslosen Linksverteidiger Kaan Akkus.
Dagegen hat sich der Tabellenzwölfte Ratingen 04/19 für die Rückrunde prominent verstärkt. Vom West-Regionalligisten TuS Erndtebrück wurde Karoj Sindi verpflichtet. Der 26-jährige Ex-Nationalspieler des Irak soll die lahmende Offensive (25 Tore) beleben. Für Trainer Peter Radojewski ist Sindi ein alter Bekannter: Beide kennen sich aus gemeinsamen Zeiten beim Wuppertaler SV.
Tabellenführer SC Hauenstein (48 Punkte) und Ex-Zweitligist TuS Koblenz (47) machen in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar wohl Titel und Regionalliga-Aufstieg unter sich aus. Der SCH, trainiert von Weltmeister Jürgen Kohler , hat sich in der Winterpause die Dienste von Mittelfeldspieler Steffen Straub gesichert. Der 21-Jährige, der beim Südwest-Regionalligisten SV Waldhof Mannheim nicht über zwei Kurzeinsätze hinaus gekommen wat, will beim Tabellenführer mehr Spielpraxis sammeln. Neben Straub legte Hauenstein auch auf der Innenverteidiger-Position nach und verpflichtete das 20-jährige Talent Jan Henrich (SG Mülheim-Kärlich).
Verfolger Koblenz freut sich über die Rückkehr eines alten Bekannten. Urgestein Michael Stahl, schon in der Jugend (2003 bis 2005) sowie von 2009 bis 2015 für die TuS am Ball, hat seine freiwillige Auszeit beendet und gehört wieder zum Kader von Trainer Petrik Sander. Der 28-jährige Stahl bekam 2010 als Torschütze des Jahres bundesweite Aufmerksamkeit. Der damalige Drittligist kegelte nicht zuletzt wegen Stahls „Hammer“ aus 61 Metern zur 1:0-Führung den Bundesligisten Hertha BSC (2:1) aus dem DFB-Pokal.
Der SuS Stadtlohn, Tabellenvorletzter in der Oberliga Westfalen, hat auf die magere Torausbeute in der Hinrunde (19 Treffer) reagiert und auf dem Transfermarkt mächtig zugeschlagen. Top-Torjäger Christian Erwig (zuletzt TSV Marl-Hüls) soll in der Restrunde für die nötigen Treffer sorgen. Der 32-Jährige, der im Hauptberuf als Polizeibeamter tätig ist, stand schon bei Fortuna Düsseldorf, Schalke 04 und Preußen Münster unter Vertrag. Er ist in Stadtlohn nebenbei auch als Co-Trainer von Daniel Sekic tätig.
Außerdem hat sich die SuS die Dienste von Seyit Ersoy gesichert. Der 28-jährige Angreifer kickte zuletzt für den Ligakonkurrenten SV Zweckel. Für „Wandervogel“ Ersoy ist es bereits die zehnte Station im Seniorenbereich. Außerdem sollen die Neuzugänge Kevin Krämer (SC Roland Beckum), Hakan Gökdemir (Cankirispor/Türkei), Kadir Gökyar (Wanne-Eickel) und Dirk Jasmund (TSV Marl-Hüls) den Konkurrenzkampf innerhalb des Kaders weiter anheizen.
Taner Durdu, Trainer beim abstiegsbedrohten VfL Leverkusen in der Mittelrheinliga, hat in der Winterpause erhebliche Veränderungen am Kader vorgenommen. So haben mit Jeffrey Eshun (CS Grevenmacher/Belgien), Marko Stojanovic (SC Wiedenbrück), Mohamed Dahas (VfL Alfter) sowie Ryosuke Inagaki, Emre Izgi, Kossi Oscar Koudjegbe, Ali Fofana, Timo Vergaro, Can Eroglu und Gibril Njie gleich zehn Spieler den Verein verlassen.
Vom Ligarivalen und Spitzenreiter SV 09 Bergisch Gladbach kam Offensiv-Allrounder Patrick Paffrath, der dort von Trainer Thomas Zdebel (polnischer Ex-Nationalspieler) nur selten berücksichtigt worden war. Offensivspieler Abdullah Yildizlar, der zuletzt für den Bezirksligisten FC Leverkusen gespielt hatte, gehört jetzt ebenso zum VfL-Kader wie Mehmet Tuhan, der aus Studiengründen zuletzt kürzer treten musste. Er spielte zuletzt für Fortuna Köln II und soll beim VfL die Defensive stabilisieren. Aus der zweiten Mannschaft wurde Amine Azzizi hochgezogen.
Für Kenner der Würzburger Fußballszene ist Ricardo Borba kein Unbekannter. Der 32-jährige Brasilianer soll in der Bayernliga Nord das Schlusslicht Würzburger FV aus dem Keller führen. Der Mittelfeldspieler unterschrieb einen Vertrag bis zum Saisonende. Bis zum Sommer 2014 hatte Borba noch die Fußballschuhe für den heutigen Drittligisten Würzburger Kickers in der Regionalliga Bayern geschnürt, ehe er nach dem Ende seines Vertrages in seine brasilianische Heimat zog. Von dort kehrte er nun nach Unterfranken zurück.
Borba war als 18-Jähriger aus Porto Alegre erstmals nach Deutschland gekommen und ist seit dem 2012 deutscher Staatsbürger. Vor seiner Zeit bei den Würzburger Kickers spielte der offensive Linksfuß beim FC Gütersloh, 1. FC Kleve, Bonner SC und für die U 23 von Hannover 96, bei der er gemeinsam mit Weltmeister Per Mertesacker auf dem Rasen stand.
„Mit Ricardo konnten wir unseren absoluten Wunschspieler für die Offensive verpflichten. Er kann in der Offensive flexibel eingesetzt werden und ist sehr torgefährlich. Durch seine Erfahrung und seine Persönlichkeit wird er im Abstiegskampf eine wichtige Rolle in unserem Team spielen“, sagt Trainer Marc Reitmaier. Neben Borba sollen auch die weiteren Winterzugänge Tim Lorenz (22/SV Holzwickede), Christoph Höchtl (22/SSV Ulm 1846 II), Kevin Röckert (22/SV Sandhausen II) und Manuel Hiemer (30/DJK Ammerthal) helfen, den Klassenverblein zu sichern.
In der Oberliga Hamburg ist Altona 93 mit der Verpflichtung von Ali Moslehe ein dicker Fisch ins Netz gegangen. Der 28-jährige Libanese spielte zuletzt für den Lüneburger SK Hansa in der Regionalliga Nord und kam bei den Niedersachen auf 45 Einsätze (elf Treffer und zwölf Vorlagen). Moslehe kann in seiner Karriere auf über 180 Einsätze in der Regionalliga (unter anderem auch beim 1. FC Magdeburg und bei der SV 07 Elversberg) zurückblicken. Mit dem erst 19-jährigen Mittelfeldspieler Hakki Celik schloss sich ein weiterer Ex-Lüneburger dem Hamburger Traditionsverein an. Mit den Neuzugänge reagierte Altona 93 auch auf die Abgänge von Marko Sumic (FK Nikola Tesla), Magnus Hartwig (SC Poppenbüttel), Marco Schiavone (Weltreise) und Jephter Antwi (Ziel unbekannt).
Auch Ligakonkurrent Concordia Hamburg hat mit der Verpflichtung von Abdel Abou Khalil für einen Paukenschlag gesorgt. Der ehemalige libanesische U 23-Nationalspieler, der in der vergangenen Saison noch beim damaligen Nord-Regionalligisten VfR Neumünster unter Vertrag stand, bringt reichlich Erfahrung mit an den Bekkamp. Der 24-jährige Offensivspieler kann auf 63 Einsätze in der Regionalliga Nord und 16 Partien in der Bayern-Staffel (für den FC Eintracht Bamberg) zurückblicken. Bei Concordia soll der gebürtige Hamburger Abou Khalil auf der linken Außenbahn Akzente setzen.
Der FC International Leipzig, Tabellenzweiter in der NOFV-Oberliga Süd hinter dem Stadtrivalen 1. FC Lok Leipzig, musste in der Winterpause mit dem Wechsel von Torjäger Kai Druschky zum West-Regionalligisten Rot-Weiss Essen einen herben Verlust hinnehmen. Der 22-jährige Angreifer hatte für die Sachsen in der Hinrunde elf Tore in zwölf Spielen erzielt. Druschky muss sich nun aber gedulden, bis sein Turbo wieder zündet. Der Angreifer zog sich in einem Testspiel für seinen neuen Arbeitgeber gegen den Wuppertaler SV (2:2) eine Knochen-Absplitterung im Sprunggelenk zu und muss nach einer Operation mindestens sechs Wochen pausieren.
Neben Druschky haben auch Torhüter René Hartleib (Torgelower FC) sowie Marcelo Freitas (FC Oberlausitz Neugersdorf), Ahmad Monir Rosta und Jihad Mirza den Verein verlassen. Die Mannschaft von Trainer Heiner Backhaus, der in der Saison 2000/2001 selbst bei Rot-Weiss Essen spielte, hat auf den personellen Aderlass reagiert. Die Angreifer Bocar Djumo (Inter Mailand) und Alexander Langner (1. FC Lok Leipzig II) sowie die Abwehrspieler Stanko Cvitkovic (FC Eilenburg) und den zuketzt vereinslosen Christoforos Duberet (früherAEK Athen) verpflichtet.
Der souveräne Spitzenreiter Lok Leipzig, bei dem mit Heiko Scholz (Cheftrainer) und Mario Basler (Geschäftsführer Sport) zwei frühere Nationalspieler im sportlichen Bereich tätig sind, verzichtete dagegen auf zusätzliche Einkäufe. Kein Wunder: Bei acht Punkten Vorsprung auf den ärgsten Verfolger und noch einer Nachholpartie in der Hinterhand hält der einstige Europapokal-Finalist auch mit dem bisherigen Kader im Rennen um den Aufstieg in die Regionalliga Nordost alle Trümpfe in der Hand.