Als Olaf Thon ein kleiner Junge war, hat er hier den anderen Kindern einen Knoten in die Beine gedribbelt: Das Fürstenbergstadion in Gelsenkirchen-Horst gehörte einmal zu den besten Adressen im Fußballwesten und die heimische STV Horst spielte einst fast auf Augenhöhe mit dem großen FC Schalke 04. Lang ist's her, der größte Triumph der „Emscher-Husaren“ - sogar fast auf den Tag genau 50 Jahre: Am 1. Juli 1967 holte die STV Horst die Deutsche Amateurmeisterschaft, mit Olaf Thons Vater Günther und auch Flügelflitzer Bernie Büchner unserer Kultfigur der Woche auf FUSSBALL.DE.
"Als Trainer habe ich immer darauf geachtet, dass die Spieler nicht nur fußballerisch gut zum Verein passen, sondern vor allem charakterlich"
Der inzwischen 72-Jährige ist nämlich heute immer noch am Ball, und zwar für die Alten Herren des SV Horst-Emscher 08 . Die STV Horst, viele Jahrzehnte lang die Nummer eins im Stadtteil, gibt es nicht mehr. In den 40er und 50er Jahren noch in der Oberliga West (damals erste Spielklasse) mit Schalke 04 und Borussia Dortmund am Ball und nach Einführung der Bundesliga zumindest immer im höherklassigen Amateurfußball vertreten, musste der 1892 gegründete Verein im November 2007 Insolvenz anmelden. Der größte Erfolg der Vereinsgeschichte allerdings wurde noch einmal ordentlich gefeiert: Bernd Büchner, genannt Bernie, trommelte am 1. Juli die Deutschen Amateurmeister von 1967, darunter auch Günther Thon, für einen Abend voller nostalgischer Erinnerungen zusammen.
Einen Kilometer nördlich vom großen Fürstenbergstadion am Schollbruch aber haben sich seitdem die 08er zum Vorzeigeverein im Gelsenkirchener Nordwesten gemausert. Zwar hat die erste Mannschaft gerade den bitteren Abstieg in die Landesliga West, Staffel 3, hinter sich, aber mit ihrem feinen Kunstrasenplatz ist der vorbildlich geführte Klub zum beliebten Anlaufpunkt vieler kickender Kids aus Horst und Umgebung geworden.
Hier findet auch Büchner vor langer Zeit sein neues fußballerisches Zuhause – und zwar in einer Zeit, als die inzwischen in den Geschichtsbüchern verschwundene STV Horst im örtlichen Fußballgeschehen noch eine wichtige Rolle spielt. Am 1. August 1956 schließt sich der gebürtige Gelsenkirchener der E-Jugend der „Emscher-Husaren“ an, durchläuft alle Jugendmannschaften der STV Horst und feiert 1967 mit der Deutschen Amateurmeisterschaft den größten Erfolg in seiner Karriere. Rund 5.000 Horster Fans sind unter den 10.000 Zuschauern in Herford, wo die STV die zweite Mannschaft von Hannover 96 mit 2:0 besiegt. Büchner, der schnelle und wendige Rechtsaußen, spielt bis 1976 bei den Schwarz-Blauen im Fürstenbergstadion, ehe er zum Nachbarn Horst 08 wechselt.
Dort ist der frühere Westfalenauswahl-Kicker bis heute engagiert, von 1976 bis 1987 zunächst als Spielertrainer in der ersten Mannschaft in der Kreisliga A, von 1994 bis 2014 im Vorstand und bis heute als Abteilungsleiter der Alten Herren. „Als Trainer habe ich immer darauf geachtet, dass die Spieler nicht nur fußballerisch gut zum Verein passen, sondern vor allem charakterlich“, betont Bernie Büchner. „Und als Vorstand war es mir besonders wichtig, gut ausgebildete Trainer zu uns nach Horst zu holen, um die Nachwuchsarbeit nach vorne zu bringen.“
Das ist gelungen: Mehr als 1.000 Mitglieder zählt die Vereinsfamilie des SV Horst 08 inzwischen, die Fußballabteilung stellt gleich fünf Seniorenmannschaften, 18 Jugend- und drei Mädchenteams. Außerdem werden Tennis, Gymnastik und Kampfsport angeboten. Das beste Beispiel für gelebte Vereinsarbeit sind wohl die Alten Herren, in denen die meisten inzwischen Ü-50-Jährigen schon seit der Kindheit am Schollbruch kicken – und von denen viele sich auch anderweitig ehrenamtlich im Verein engagieren.
Büchner belässt es mittlerweile bei seinem Einsatz für die Oldies. Jeden Mittwoch kommt er zum Training am Schollbruch, außerdem geht er zweimal die Woche mit einer Laufgruppe joggen, zu der auch sein Sohn Michael gehört. „Man muss ja fit bleiben“, sagt der äußerst rüstige Rentner. Vor ein paar Jahren hat der gelernte Bankkaufmann seinen „Mallys Partyservice“ in die Hände seiner Tochter gegeben – auf den Fußball aber wird Bernie Büchner, der deutsche Amateurmeister von 1967, wohl noch lange nicht verzichten.
Autor/-in: Heiko Buschmann