Yildiray Bastürk war Nationalspieler und stand im WM-Halbfinale, seine Brüder und Neffen haben es nicht so weit geschafft und sich im Amateurfußball verdient gemacht. Hauptsache, der Ball rollt, ist ohnehin das Motto der Bastürks. Neue Folge unserer Serie Familienbande.
Als Muzaffer und Emir Bastürk 1970 die Türkei verlassen und ins Ruhrgebiet ziehen, ist ihr erster Sohn Ziver schon auf der Welt. In der neuen Heimat, zunächst Bochum-Hordel und dann Herne-Wanne-Eickel, folgen sechs weitere Kinder: die Söhne Ahmet, Metin und Yildiray sowie die Mädchen Aynur, Nese und Hülya.
Die Jungs spielen alle Fußball, obwohl Vater Muzaffer, der in Herne klassisch als Bergmann arbeitet, zunächst nicht viel mit der Bolzerei anfangen kann. Ahmet und Metin, heute 44 beziehungsweise 40 Jahre alt, haben anfangs auch den Traum von der Bundesliga, doch dafür reicht es nicht. Ahmet spielt bei Sportfreunde Wanne und Arminia Ickern in der Kreis- und Bezirksliga, Metin schafft es beim VfB Kirchhellen, Adler Osterfeld, DSC Wanne-Eickel und Westfalia Herne immerhin in die Oberliga. Später, 2009, gründet Metin sogar einen eigenen Fußballverein, Sportfreunde Treff Wanne, den er immerhin von der untersten Kreisklasse in die A-Liga führt, ehe sich der Treff wieder auflöst.
WM-Dritter mit der Türkei
"Von unserer Statur und der Art, Fußball zu spielen, sind wir uns ziemlich ähnlich. Er war auch immer mein Vorbild"
Den Namen Bastürk in der ganzen Fußballwelt bekannt macht schließlich der jüngste Sohn Yildiray. Sportfreunde Wanne und Wattenscheid 09 heißen die ersten Stationen des an Heiligabend 1978 geborenen Talents, ehe für „Illie“ bereits mit 19 Jahren im Trikot des VfL Bochum der Traum von der Bundesliga Wirklichkeit wird. Yildiray Bastürk wird zum Vorbild für tausende Deutschtürken, die in der neuen Heimat meist bestens integriert sind und mit dem Herzen doch an der roten Flagge mit dem Mondstern hängen. „Deutschtürken unterscheiden sich in ihrer Einstellung, Sprache und Denkweise deutlich. Der Begriff ‚Almancilar‘ wird oft benutzt. So werden die Türken bezeichnet, die in Deutschland leben“, erklärte der heute 37-Jährige in einem Interview mit dem Magazin 11 Freunde . „Für die Spieler gibt es dann schon Momente, wo sie sich fragen: Wo gehöre ich jetzt eigentlich hin? Bin ich Türke oder bin ich Deutscher?“
Yildiray Bastürk ist ähnlich zerrissen, aber eins ist für ihn auch klar: Falls er mal so gut sein sollte, dass ihn der Nationaltrainer anruft, dann soll es der türkische sein. Vier Jahre bleibt Yildiray Bastürk in Bochum, geht mit dem VfL zwischendurch auch für ein Jahr in die zweite Liga, doch dann klopfen die großen Vereine im Hause Bastürk an. Bei Bayer Leverkusen wird der nur 1,69 Meter große Techniker schließlich mit 23 Jahren Nationalspieler und bei der WM 2002 in Japan und Südkorea mit der Türkei stolzer Dritter.
Am Ende der Karriere mit weiteren Jahren bei Hertha BSC und dem VfB Stuttgart stehen insgesamt 249 Bundesligaeinsätze. Nach ihm werden etliche Deutschtürken Nationalspieler, die einen – die Altintop-Zwillinge und Nuri Sahin – tragen das rote Trikot mit dem Mondstern, die anderen wie Mesut Özil und Ilkay Gündogan das weiße mit dem Adler.
Onkel „Illie“ am Spielfeldrand
Heute ist Yildiray Bastürk zurück in Bochum und in der Immobilienbranche tätig, modernisiert oder verkauft gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Ersan Tekkan Häuser. „Ich habe schon während meiner Spielerjahre über die Zeit nach der Karriere nachgedacht und mich fürs Immobiliengeschäft interessiert und dort weitergebildet“, berichtet der Ex-Profi. „Außerdem habe ich den Trainerschein (A-Lizenz) absolviert und möchte weiterhin gerne im Fußball bleiben."
Als Trainer hat Yildiray Bastürk bisher noch nicht gearbeitet, obwohl sein Name natürlich gerade im Ruhrgebietsfußball noch einen riesigen Klang hat. Davon können auch seine Neffen Erdal (29) und Serdar (26) ein Lied singen. Die beiden älteren Söhne von Ziver Bastürk spielen aktuell bei Firtinaspor Herne (Bezirksliga) beziehungsweise dem SV Schermbeck (Oberliga) – und werden natürlich regelmäßig von Onkel „Illie“ beobachtet.
Erdal Bastürk ist sogar fast ein Abbild seines Onkels. Als er mit 21 Jahren bei Union Berlin in der zweiten Liga vorspielte, schrieben die Medien in der Hauptstadt von einem Zwilling, nur zehn Jahre jünger. „Ja, von unserer Statur und der Art, Fußball zu spielen, sind wir uns ziemlich ähnlich. Er war auch immer mein Vorbild“, gibt Erdal Bastürk zu. Aber: „Als ich in der Jugend beim VfL Bochum gespielt habe, habe ich natürlich auch von einer Profikarriere geträumt. Als ich bei Union Berlin war, stand ich kurz davor, aber dann war ich danach leider häufig verletzt und konnte mein Ziel, Profi zu werden, nicht realisieren.“
Nach verschiedenen Vereinen im Revier, darunter die Herner Stadtrivalen SC Westfalia und DSC Wanne, ist Erdal inzwischen bei Firtinaspor Herne gelandet. Der türkische Klub hat in den letzten Jahren einen steilen Aufschwung erlebt und steht vor dem Durchmarsch in die Landesliga.
Und auch wenn es vorerst keinen weiteren Bundesliga- oder gar Nationalspieler in der Familie Bastürk geben wird. Nachwuchssorgen muss man sich zumindest im Herner Fußball nicht machen. Erdals jüngerer Bruder Deniz spielt beim BV Herne-Süd und Mertjan, Sohn von Metin und Yildirays Neffe, beim DSC Wanne-Eickel in der Jugend.
Autor/-in: Heiko Buschmann