Zahlreiche Amateurvereine öffnen die Tore für Flüchtlinge. Doch wie kommen die Fußballbegeisterten an eine Spielberechtigung? Wie lange dauert ein Antrag? Und welche Formulare werden benötigt? Wir klären die wichtigsten Fragen.
Selbstverständlich können auch Asylbewerber*innen, anerkannte Flüchtlinge oder Menschen mit einer Duldung einen Spielerpass beantragen und so ihre neue Mannschaft am Spieltag unterstützen. Im Spielbetrieb des Amateurfußballs gibt es dabei keinerlei Beschränkungen hinsichtlich der eingesetzten Spieler*innen ohne deutschen Pass.
Wenn eine Spielerin oder ein Spieler mit ausländischer Staatsangehörigkeit eine Spielberechtigung für einen deutschen Verein erstmals beantragt, liegt ein internationaler Vereinswechsel bzw. eine internationale Erstausstellung vor, für die einige zusätzliche Formalitäten zu beachten sind. Insbesondere bei den etwas komplizierteren Formalitäten können Flüchtlinge ohne gute deutsche Sprachkenntnisse die Unterstützung ihrer Teamkollegen oder ihres Trainers gut gebrauchen. Aber auch die Unterstützer sind anfangs häufig überfragt: Welcher Vereinsverantwortliche hatte schon einmal einen blauen Flüchtlingspass in der Hand oder kennt sich mit dem Aufenthaltsbestimmungen für Asylbewerber aus?
So geht´s: Spielerpass beantragen
Verantwortlich für die Ausstellung von Spielerpässen sind – wie gewohnt – die Passstellen des jeweiligen Landesverbands. Zum Zeitpunkt der Antragstellung ist ein gültiger Aufenthaltstitel, beziehungsweise ein blauer Flüchtlingspass, eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung vorzuweisen, um die Identität zu bestätigen. Die Gültigkeitsdauer des Dokuments spielt dabei keine Rolle und ist kein hinreichender Grund für die Ablehnung einer Spielberechtigung, da eine Verlängerung durch die Behörden der Normalfall ist.
Im Jugendbereich führen manche Altersangaben in den Ersatzpapieren zu strittigen Auseinandersetzungen. Es besteht jedoch kein Anlass, die behördlichen Dokumente in Zweifel zu ziehen, auch wenn in den Papieren vermerkt sein sollte, dass die dort festgehaltenen Daten auf eigenen Angaben beruhen.
Folgende Unterlagen sind bei der Passstelle einzureichen
Für Kinder bis zum vollendeten 9. Lebensjahr müssen neben dem Antrag auf Erteilung einer Spielberechtigung lediglich die Kopie eines Personaldokumentes (z.B. Aufenthaltsgenehmigung, Aufenthaltsgestattung oder Duldung) eingereicht werden. Da keine weitere Prüfung oder internationale Abfrage erfolgt, erhalten die Spieler in der Regel in der üblichen Bearbeitungsfrist ihre Spielberechtigung.
Bei Kindern ab dem 10. Lebensjahr und Erwachsenen wird laut FIFA-Vorgaben zusätzlich der "internationale Freigabeschein" benötigt, um sicherzustellen, dass weltweit nur eine Spielberechtigung existiert. Der Freigabeschein wird mit dem Antrag auf Spielberechtigung über den Landesverband beantragt und vom Verband des jeweiligen Herkunftslandes ausgestellt. Folgende Dokumente (Vorlagen finden sich beim jeweiligen Landesverband) müssen dabei zur Identifizierung und Prüfung eingereicht werden:
- Antrag auf Spielberechtigung
- Zusatzformular für erforderliche Angaben von Spielern aus dem Ausland (zumeist auf der Rückseite des Antrags)
- Kopie eines Personaldokumentes (z.B. Flüchtlingspass, Aufenthaltsgenehmigung, Aufenthaltsgestattung oder Duldung)
- Meldebescheinigung
- Zusatzformular der Eltern bzw. des Vormundes, um zu bestätigen, dass sie nicht aus Gründen des Fußballsports nach Deutschland gekommen sind (nur bei minderjährigen Spieler*innen ab dem 10. Lebensjahr)
Sind alle erforderlichen Unterlagen bei der Passstelle eingereicht, beantragt der Landesverband über den DFB und die FIFA den internationalen Freigabeschein. Entgegen der Bestimmungen des deutschen Asylrechts, das eine Kontaktaufnahme mit Institutionen des Heimatlandes grundsätzlich verbietet, werden dem Fußballverband des Herkunftslandes dabei persönliche Daten übermittelt. Da Kontakte in die Heimat (z.B. bei politisch Verfolgten) mitunter auch für die dort noch lebenden Freunde und Angehörigen Probleme mit sich bringen können, sollten unbedingt vor der Beantragung mit den betroffenen Flüchtlingen bzw. ihren Eltern oder ihrem Vormund mögliche Risiken besprochen werden.
Wenn nach 30 Tagen keine Rückmeldung auf die Anfrage beim Nationalverband erfolgt ist, wird eine Spielberechtigung unter Vorbehalt erteilt (mit Ausnahme von Wechseln in Vereine, die in den vier höchsten Spielklassen aktiv sind). Das gesamte Verfahren für alle Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen, dauert demnach etwas länger als das normale Antragsverfahren und kann fünf bis sieben Wochen in Anspruch nehmen.
Besonderheiten bei Minderjährigen
Das FIFA-Reglement verbietet mit Blick auf das Kindeswohl - mit Ausnahmen - den internationalen Vereinswechsel von Minderjährigen. Geflüchtete Kinder in Vereinen die unterhalb der ersten vier Spielklassen spielen können jedoch im Rahmen einer sogenannten "beschränkten Befreiung" des DFB durch die FIFA eine Spielberechtigung auch ohne intensive Einzelfallprüfung erhalten. Dazu muss, wie oben beschrieben, der "internationale Freigabeschein" beantragt werden. Möchte eine Minderjährige oder ein Minderjähriger aus dem Ausland jedoch zu einem Verein in Deutschland wechseln, dessen Herrenmannschaft in der Bundesliga, 2. Bundesliga, 3. Liga oder Regionalliga spielt, wird von der FIFA von Fall zu Fall geprüft, ob alle Voraussetzungen für die Ausnahmegenehmigung vorliegen.
Viele Minderjährige fliehen ohne Angehörige. Sie erhalten durch das Familiengericht einen Vormund (eine Privatperson oder ein Behördenvertreter), der die Funktion der Eltern wahrnimmt. Um Belange des täglichen Lebens (z.B. einen Antrag auf Spielberechtigung) zu regeln, können aber auch Dritte (z.B. eine Sozialarbeiterin) ermächtigt werden. Hilfreich ist es, wenn direkt auf dem Aufnahmeformular des Vereins eine Kontaktperson benannt ist, die für allgemeine Fragen oder im Notfall zu erreichen ist.
Alle weiteren Fragen, zum Beispiel zum Versicherungsschutz oder zu den Reisebestimmungen, werden in der DFB-Broschüre "Willkommen im Verein" beantwortet, dessen Autor, Söhnke Vosgerau, Mitarbeiter am Institut 'Integration durch Sport und Bildung' ist.
Während die Politik häufig um sinnvolle Lösungen ringt, geht der Fußball voran. Überall im Land leisten Amateurvereine wertvolle Arbeit zur Integration von Flüchtlingen, kümmern sich mit viel Herzblut um die Schutzsuchenden. Diesem außergewöhnlichen Engagement widmen wir in dieser Woche einen Themenschwerpunkt.
Autor/-in: Söhnke Vosgerau