Vom Tabellenende bis auf Platz zwei: Diesen rasanten Aufschwung hat der SV Atlas Delmenhorst innerhalb von nur zwölf Spielen in der Oberliga Niedersachsen hingelegt. Seitdem Key Riebau Ende Oktober als Trainer beim ehemaligen Regionalligisten übernommen hat, holte der SVA satte 31 Zähler. "Mir war klar, dass mehr Potenzial im Team steckt", so der 34-Jährige gegenüber FUSSBALL.DE. "Dass wir aber so schnell und in dem Ausmaß Punkte einfahren, konnte man vorher nicht einplanen."
Den Verein kennt der Hauptschullehrer für die Fächer Sport und Mathematik ausgesprochen gut. Bereits ab Juli 2019 war Riebau erstmals in Delmenhorst als Trainer tätig, führte den Klub in der wegen der Corona-Pandemie vorzeitig beendeten Saison 2019/2020 zum Aufstieg in die Regionalliga Nord. Nach fast drei Jahren in der vierthöchsten Spielklasse trennten sich im Ende März 2023 die Wege. "Das gehört zum Geschäft Fußball dazu", sagt Riebau und hegt keinen Groll. "Ich bin niemand, der einen Verein im Unguten verlässt. Natürlich ärgert man sich darüber, wenn eine Tätigkeit als Trainer endet. Im nächsten Schritt geht es aber direkt darum, aus den Situationen zu lernen."
Eigenen Nachfolger abgelöst
Daher sei der Kontakt zu den Verantwortlichen auch nach der Trennung nie abgerissen. Sein Nachfolger wurde Riebaus ehemaliger Spieler Dominik Schmidt, auf den er nun auch selbst wieder folgte, nachdem der Verein zu Saisonbeginn in eine sportliche Schieflage geraten und bis auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht war. Überlegen musste der neue, alte Trainer trotz der schwierigen Ausgangslage nicht lange. "Ich bin mit meinem Analysten Benjamin Rabe, mit dem ich nun schon seit vielen Jahren zusammenarbeite, den Kader durchgegangen", so Riebau. "Uns war schnell klar, dass wir uns die Rückkehr vorstellen können."
Als eine der wichtigsten Stellschrauben, an der gedreht wurde, sieht der neue Cheftrainer die taktische Formation. "Wir haben von einem 4-2-3-1 auf ein 4-4-2 mit Raute umgestellt. Schon die ersten Spiele haben schnell gezeigt, dass das System gut zu den Profilen der Spieler passt." So hatte Riebau, dessen Vorname Key bei englischer Auslegung "Schlüssel" bedeutet, eben diesen scheinbar schnell gefunden. Trotz eines zwischenzeitlichen Rückstands gelang beim Debüt gegen USI Lupo-Martini Wolfsburg (3:1) auf Anhieb die volle Punktausbeute. Bei der zweiten Mannschaft von Eintracht Braunschweig (1:0) legte der SV Atlas Delmenhorst direkt nach.
"Das Team war nach der Trennung von Dominik Schmidt bedrückt, denn die Jungs haben ein gutes Verhältnis zu ihm", betont Riebau, der auch noch selbst mit dem langjährigen Lizenzspieler in Kontakt steht. "Die ersten ein, zwei Spiele waren unser Löser. Mit jedem weiteren Erfolg sind unser Selbstverständnis und das Selbstvertrauen gewachsen. Fußball ist auch viel Kopfsache. Wir überstehen jetzt auch nicht ganz so gute Phasen während der Partien."
Fast schon ein Markenzeichen sind dabei die vielen Spiele ohne Gegentor geworden. In den zwölf Begegnungen unter Riebaus Regie spielte der SV Atlas gleich achtmal zu Null. "Wir stehen aber nicht stabil, weil wir abwartend agieren würden. Im Gegenteil! Wir üben schon früh Druck aus und lassen so dem Gegner nur wenig Zeit im Spielaufbau. Wir dominieren die Spiele über unsere Defensive." Dabei hebt der Cheftrainer das Kollektiv hervor. "Jeder ist bereit, sich für unsere defensive Stabilität zu zerreißen. Die Jungs wollen einander helfen und die möglichen Fehler der Nebenleute ausmerzen."
"Es wäre vermessen, zu diesem Zeitpunkt vom Aufstieg zu sprechen"
So gab es bislang tatsächlich nur zwei Begegnungen, in denen der SV Atlas Delmenhorst seit der Rückkehr von Key Riebau an die Seitenlinie nicht die volle Punktausbeute eingefahren hat. Nach vier Siegen unterlag der SVA beim BSV Schwarz-Weiß Rehden 0:1. "Unser Torhüter Damian Schobert hatte dabei aber bereits zur Mitte der ersten Hälfte wegen einer Notbremse die Rote Karte gesehen", beschreibt der Trainer die Partie. "Außerdem fiel der Gegentreffer erst kurz vor Schluss."
Von der Niederlage ließ sich Delmenhorst nicht aus der Bahn werfen und holte in den fünf folgenden Spielen auch wieder fünf Dreier. Erst vom damaligen Tabellenführer FSV Schöningen (0:0) wurde der Lauf gebremst. "Das Unentschieden ging absolut in Ordnung, wir konnten ohnehin nicht davon ausgehen, dass die Siegesserie bis zum Saisonende weitergeht", erklärt Key Riebau. "Jeder Punkt ist hart erarbeitet. Wir machen uns keine Gedanken darüber, was in ein paar Wochen sein könnte."
An dieser Herangehensweise hat sich auch bei mittlerweile nur noch vier Punkten Rückstand auf Tabellenführer HSC Hannover und der zusätzlichen Möglichkeit, als eventueller Vizemeister an einer Aufstiegsrunde mit den bestplatzierten Teams der Landesverbände Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein teilzunehmen, nichts geändert.
"Es wäre vermessen, zu diesem Zeitpunkt vom Aufstieg zu sprechen", gibt sich Riebau betont zurückhaltend. "Durch einige Nachholpartien kann auch noch Bewegung in das Tabellenbild kommen. Wenn der 34. Spieltag deutlich näher ist, kann man vielleicht über solch ein Ziel nachdenken. Auf uns warten noch viele schwere Aufgaben."
Geht's wieder in den DFB-Pokal?
Eine solche steht dem SV Atlas Delmenhorst auch am Ostermontag, 21. April, ab 15 Uhr im Halbfinale um den Niedersachsenpokal für Oberligisten und Bezirkspokalsieger gegen den Ligakonkurrenten TuS Bersenbrück bevor. "Wir wollen das Endspiel erreichen", so Riebau. Der 34-Jährige weiß schließlich bereits, wie es sich anfühlt, mit dem SV Atlas Delmenhorst im DFB-Pokal vertreten zu sein. So hieß in der Saison 2019/2020 der Hauptrundengegner SV Werder Bremen (1:6).
"Sich mit einem solchen Profiklub messen zu dürfen, war eine außergewöhnliche Erfahrung. Und dann auch noch vor 41.500 Fans im ausverkauften Weserstadion", schwärmt Riebau. "Die Erinnerungen daran bleiben für immer." Gut möglich, dass der SV Atlas Delmenhorst auch im weiteren Saisonverlauf für Momente sorgt, die lange im Gedächtnis bleiben werden.
Autor/-in: Dominik Dittmar/MSPW