Eigentlich läuft alles rund beim FC St. Arnual, der als Aufsteiger auch in der Bezirksliga Saarbrücken ganz oben mitmischt. Wenn da nicht die schlimme Verletzung von Spieler Stefan Schmidt wäre, dem der Unterschenkel amputiert werden musste. Aber auch in der Not hält der Klub beispielhaft zusammen.
Euphorie ohne Ende im Saarland: Der FC St. Arnual mischt als Aufsteiger aktuell auch in der Bezirksliga Saarbrücken ganz weit oben in der Tabelle mit und ist seit fast zwei Jahren zu Hause ungeschlagen. Stark ist auch die zweite Mannschaft, welche als Neuling in der Kreisliga A Saarbrücken für mächtig Furore sorgt. Auf bis zu 400 Zuschauer freut sich an guten Tagen der Kassierer des 2011 aus der DJK St. Arnual hervorgegangenen und hier mit zahlreichen Mitgliedern des insolventen und inzwischen aufgelösten Traditionsklubs VfR Saarbrücken verstärkten Vereins. „Wir haben sogar eine richtige Fangruppe, die uns immer lautstark anfeuert – mit Trommeln und Plakaten. Das ist fast so wie in der Bundesliga“, schwärmt der sportliche Leiter Frank Schiehl. Die dörflichen Strukturen im Saarbrücker Stadtteil scheinen die familiäre Atmosphäre im Verein zu fördern.
"Das war ein Schock für uns alle. Stefans Leben hatte sich von heute auf morgen schlagartig verändert"
Bei aller Freude und positiven Stimmung haben sie beim FC St. Arnual den Blick für die noch (viel) wichtigeren Dinge im Leben aber nicht verloren: Um den gegen Ende der vergangenen Saison im Entscheidungsspiel um den Aufstieg gegen den SV Schafbrücke (1:0) schwer verletzten Spieler Stefan Schmidt zu unterstützen, wurde die Aktion „Angriff ins Leben – Gemeinsam helfen“ gegründet – die Welle der Solidarität im Saarland und weit darüber hinaus ist riesengroß.
Unterstützung der Topklubs
Rückblick: Nach einem Zusammenprall mit dem gegnerischen Torwart hatte sich Schmidt am 24. Mai einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen. Bereits wenige Stunden nach der Partie musste sich der 23-Jährige einer Notoperation unterziehen. Dann wurde es dramatisch: Keime drangen in die Wunde ein. Aufgrund einer Thrombose schwebte Schmidt plötzlich in akuter Lebensgefahr. Die Ärzte versetzten ihn in ein künstliches Koma. Um ihn zu retten, mussten die Mediziner schließlich seinen rechten Unterschenkel amputieren.
„Das war ein Schock für uns alle. Stefans Leben hatte sich von heute auf morgen schlagartig verändert. Umso wichtiger war und ist es, dass wir zu unserem Fußballkameraden stehen und ihm in dieser schweren Zeit helfen“, berichtet Schiehl, einer der „Angriff-ins-Leben“-Initiatoren. Um Stefan Schmidts Psyche zu stärken, ihn bei bürokratischen sowie versicherungsrechtlichen Fragen zu unterstützen und finanzielle Mittel zu generieren, mit denen er unter anderem eine Sportprothese und andere technische Hilfen (zum Beispiel fürs Auto) anschaffen will, wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt. Sein Ziel: Nach der noch laufenden Reha so schnell wie möglich zurückkehren ins normale Leben und regelmäßig Sport treiben. Leichtathletik-Wettkämpfe bei den Paralympics – dieses ehrgeizige Vorhaben hat er ins Auge gefasst.
Firmen, Vereine und Privatpersonen legen und legten sich ins Zeug; mal wurde unter Zuschauern bei Partien irgendwo im Saarland gesammelt, mal spendeten Klubs Erlöse aus Vereinsfesten. Ein anderes Mal schnitt ein Friseur zu Gunsten von Stefan Schmidt, ein Tätowierer verzichtete für den guten Zweck auf seinen Lohn und die saarländischen Topvereine SV Elversberg und der FC 08 Homburg bestritten ein Benefizspiel. Zudem hat der 1. FC Saarbrücken Hilfe angekündigt. Auch Promis sind dabei: Real-Madrid-Star Toni Kroos („Sei positiv und stark!“) etwa meldete sich genauso beim verunglückten Kicker per aufmunternder Videobotschaft, wie die früheren Asse Paulo Sergio und Thomas Helmer. Für 25. Oktober ist Schmidt mit seinen Sportkameraden zudem von Bundesligist Werder Bremen zum DFB-Pokalspiel gegen die TSG Hoffenheim eingeladen.
Der nächste Durchmarsch?
Mehr als 35.000 Euro sind bis jetzt schon durch die vielfältigen Aktionen auf dem Spendenkonto eingegangen. „Einfach überwältigend“, findet auch Frank Schiehl diese Resonanz. Zusammenhalt und Solidarität werden also gerade im Saarland und besonders beim FC St. Arnual groß geschrieben.
Ob die große Kameradschaft auf dem Platz und auf den Zuschauerrängen am Saarbrücker Wackenberg dem FC auch verhilft, den direkten Durchmarsch von der A-Klasse in die Landesliga zu schaffen? Trainer Daniel Ruck und seinen Schützlingen sei einiges zuzutrauen, lässt Fußballchef Schiehl durchblicken – trotzdem lenkt der 42-Jährige, der auch als Ersatztorwart zur Verfügung steht, den Blick aufs Realistische: „Noch sammeln wir Punkte gegen den Abstieg.“ Und wenn es dann doch gleich klappen sollte mit dem nächsten Aufstieg, würde sich Stefan Schmidt bestimmt besonders freuen …