Er hat es wieder getan! Zwischen öffentlichen Gesangseinlagen, ein paar Drehs fürs Fernsehen und krachenden Ansagen in der zweiten Liga gelang ihm ein schöner Doppelpack. Beim 5:0 des FC Frohlinde III am vorigen Sonntag in der Kreisliga C gegen den VfB Habinghorst II kam bei ihm in der 30. und 43. Minute der alte Torjägerinstinkt durch: Die Rede ist von Michael Wurst, dem wohl größten Tausendsassa des Ruhrpott-Fußballs. Musiker, Schauspieler, Stadionsprecher des VfL Bochum, (Spieler-) Trainer – und unsere Kultfigur der Woche.
"Schräger Vogel mit drei Leben" lautet die Überschrift zur Story auf FUSSBALL.DE , in der wir "Wursti" im November 2015 schon einmal vorgestellt hatten. Was ist seitdem passiert, außer zwei Treffern gegen Habinghorst? "Eine Menge", lacht der inzwischen 44-Jährige. Wie könnte es auch anders sein?
Freunde des Trash-TV werden sie vermissen, die "Familie Wurst". In der Doku-Soap, die nicht umsonst den Untertitel "mit Haut und Haaren" trägt, geben die Bochumer ungeschminkt einen Einblick in ihr buntes Dasein zwischen Castroper Straße und Königsallee. Nach zwei Staffeln für den WDR beziehungsweise Vox ist inzwischen Schluss mit dem Format. Was nicht bedeutet, dass Michael Wurst nicht mehr im Fernsehen zu sehen ist. "Ab dem 25. März stehe ich für RTL vor der Kamera", deutet er an – ohne etwas über das Format verraten zu dürfen.
Star Search statt Jurastudium
"Ich bin die Verona Pooth des Ruhrpotts"
Dass er sich als Künstler auf eher flachem Niveau bewegt, macht ihm nichts aus. Sein Jurastudium hat er einst geschmissen, um als Sänger bei "Star Search" – so etwas wie ein Vorläufer von "DSDS" – durchzustarten. "Ich bin die Verona Pooth des Ruhrpotts", sagt er lachend und spielt damit auf die Karriere der früheren Dieter-Bohlen-Gattin an, die aus Karrieregründen ihren Intellekt ganz gut hinter Formaten wie "Peep" verstecken konnte.
Michael Wurst ist so etwas egal, er will nur keinen Tag mit Stillsitzen vergeuden. Ab Mai stehen wieder etliche Auftritte als Musiker an, zwischendurch wird er gerne als Moderator für verschiedene Veranstaltungen gebucht. "Manchmal ist es wirklich so, dass ich montags gegen 10 Uhr zu Hause aus der Tür gehe und dann am Sonntagabend erst wieder reinkomme. Dazwischen passieren sehr viele verschiedene Dinge, aber es sind alles nur Sachen, auf die ich Bock habe", macht "Wursti" klar. Als Vater von zwei Kindern sieht er aber zu, dass er wenigstens jede der wenigen freien Minuten zu Hause verbringt.
Eine Konstante ist schon immer der Fußball. In der Jugend für Langendreer 04 , den VfL Witten und SG Wattenscheid 09 am Ball, spielt er im Herrenfußball unter anderem für die zweite Mannschaft des VfL Bochum und für die Traditionsklubs SpVg Erkenschwick und Westfalia Herne. Lange Zeit ist er ein ziemlicher Wandervogel und wechselt nicht selten jeden Sommer den Verein. Länger bleibt er nur bei TuRa Rüdinghausen (2004 bis 2008) und nun seit 2015 beim FC Frohlinde. Mit Erfolg! Der Klub aus Castrop-Rauxel startet gerade durch, 2017 gelang zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte der Aufstieg in die Landesliga und nun klopft man sogar an die Tür zur Westfalenliga. Mit neun Punkten Vorsprung stehen die Blau-Weißen an der Tabellenspitze – "und wir wollen hoch, ganz klar", betont Michael Wurst.
Stadionsprecher beim VfL Bochum
Frei nach dem "schwedischen Modell" – Lars Lagerbäck und Tommy Söderberg waren zwischen 2000 und 2004 die ersten gleichberechtigten Trainer einer Nationalmannschaft – sind Stefan Hoffmann und er für die erste Mannschaft des FC Frohlinde zuständig. Das hat auch viele praktische Vorteile, denn Michael Wurst ist halt ein vielbeschäftigter Mann. "Wenn wir nicht beide da sein können, dann wechseln Stefan und ich uns mit den Einheiten ab. Ich versuche auf jeden Fall, mindestens zweimal die Woche beim Training zu sein", erklärt der frühere Stürmer.
Dass er vor dem gegnerischen Kasten nichts verlernt hat, beweist er allerdings nicht nur in den Niederungen der Kreisliga wie letzten Sonntag in der Frohlinder Dritten. Denn wenn personell Not am Mann ist, stellt Trainer Stefan Hoffmann auch mal seinen Spielertrainer auf. "Einen Einsatz in der Ersten habe ich diese Saison schon", lacht Michael Wurst und gibt zu: "Das sollte aber eine Ausnahme sein. Ich mache zwar bei den Trainingseinheiten immer mit, weil ich nicht fett werden will und es hasse, laufen zu gehen. Es wäre allerdings das falsche Signal an die Jungs, wenn ich mit 44 noch ständig da vorne rumturne."
Wie letzten Sonntag, richten die Frohlinder auf ihrer Sportanlage an der Brandheide gerne einen kompletten Heimspieltag aus. Dann kann "Wursti" vorher in der zweiten oder dritten Mannschaft kicken, ehe er mit Stefan Hoffmann die Erste aufs Feld schickt. Blöd ist es nur, wenn der VfL Bochum gleichzeitig in der 2. Bundesliga spielt, dann steht Michael Wurst im Ruhrstadion am Mikro. "Zum Glück kommt es nicht so häufig vor, dass die Partien parallel sind. Wenn doch, fahre ich nach dem Schlusspfiff in Bochum natürlich schnell noch zu unserem Spiel."
Und dann ist Sonntagabend, dann gehört der umtriebige Papa endlich der Familie – bis der Wurstsche Wahnsinn am Montag wieder von vorne losgeht.
Autor/-in: Heiko Buschmann