Ehrenamtspreis: Schlagt jetzt die gute Seele eures Vereins vor
Ihr habt einen besonderen Ehrenamtlichen im Verein? Die gute Seele? Sagt "Danke", indem ihr sie oder ihn bis zum 31. Mai für den DFB-Ehrenamtspreis vorschlagt!
Mehr lesen
Aktuell technische Probleme bei FUSSBALL.DE.
An der Lösung des Problems wird mit Hochdruck gearbeitet.
Wir bitten um euer Verständnis.
Auch im Alter noch mittendrin: die Schiedsrichter Holger Becker, Boje Richter, Karl-Heinz Grund (von links nach rechts).[Foto: Petra Bojens]
Drei Männer, eine Mission: Boje Richter, Holger Becker und Karl-Heinz Grund sind drei Schiedsrichter, die gemeinsam 224 Jahre Erfahrung als Unparteiische aufweisen können – eine stolze Zahl! Gemeinsam leiteten der 76-jährige Richter und seine beiden 74-jährigen Assistenten das Derby zwischen dem Ostroher SC und dem SV Hemmingstedt in der Kreisliga Westküste-West. Das Ziel: Auf den Nachwuchsmangel bei den Schiedsrichter*innen aufmerksam machen. Wir haben uns mit Boje Richter über seine Zeit als Schiedsrichter, den mangelnden Respekt sowie sein Aufeinandertreffen mit Gerd Müller unterhalten.
FUSSBALL.DE: Herr Richter, Sie sind für kurze Zeit aus dem Schiedsrichter-Ruhestand zurückgekehrt. Was war das für ein Gefühl?
"Auf dem anschließenden Bankett kam Gerd Müller zu mir und sagte: 'Ich muss noch mal was klären.' Ich fragte dann: 'Herr Müller, was müssen Sie denn klären?' 'Ich heiße Gerd', sagte er – wunderbar!"
Boje Richter: Dass ich nun ausgewählt wurde, nachdem ich mit dem Obmann gesprochen hatte, war eine Wertschätzung. Ich muss dazu aber sagen, dass ich unheimliches Lampenfieber hatte vor dem Spiel. Es wurde natürlich ganz groß aufgemacht und ich wollte keinen Fehler begehen.
Wann leiteten Sie Ihre letzte Partie vor dem Ruhestand?
Richter: Vor eineinhalb Jahren. Das war ein Damenspiel in der Kreisliga.
Welche Erinnerungen haben Sie an diese Partie?
Richter: Das Spiel sollte ursprünglich in Friedrichstadt stattfinden. Der Platz war allerdings unbespielbar. Das Spiel fand schließlich auf dem Platz des Gegners in Lohe-Rickelshof statt. Ich erinnere mich, dass es auf der Fahrt dorthin aus Kübeln geregnet hat. Als ich auf dem Platz ankam, zog ich mich um. Allerdings wunderte ich mich, dass niemand vom Heimverein mit mir Kontakt aufgenommen hatte. Ich habe das Spiel dann, bei strömenden Regen, angepfiffen. In der Halbzeit bin ich schließlich in die Schiedsrichterkabine und habe mich gewundert, dass nicht einmal eine Flasche Selters bereitgestellt wurde. Es hatte auch immer noch kein Vertreter des Vereins Kontakt zu mir aufgenommen. Die Gastmannschaft führte schließlich 2:0 und es gab einen Eckball. Dieser Eckball ging direkt über die Torfrau ins Tor. Die Spielerinnen der Heimmannschaft sagten dann, dass dies kein Tor gewesen wäre. Ich entschied allerdings auf Tor, denn einen Linienrichter hatte ich bei diesem Spiel natürlich nicht. Als ich das Spiel anpfeifen wollte, hatte ich den ersten Kontakt mit einem Vertreter des Vereins.
Der eher unschön ausfiel.
Richter: Der Trainer betitelte mich als "Blinder". Normalerweise hätte ich ihm die Rote Karte zeigen und ihn des Feldes verweisen müssen. Auf dem Weg dorthin machte ich mir Gedanken und entschied mich, "nur" Gelb zu zeigen. Naja, das Spiel endete 0:4, ich bin in die Kabine und habe eine halbe Stunde geduscht, bis ich endlich wieder warm wurde. Das einzig trockene Stück an mir war meine Unterhose. Es war immer noch niemand vom Verein da. Denn beim Schleswig-Holsteinischen Fußballverband ist es so, dass man das Geld nicht vom Gastverein, sondern vom Verband direkt bekommt. Auf der Rückfahrt habe ich dann überlegt, was ich nun tun sollte. Ich habe dann eine Nacht darüber geschlafen und kam zu dem Endschluss, nach 46 Jahren Schluss zu machen. Feierabend!
Was hat sich in den vergangenen eineineinhalb Jahren verändert?
Richter: Verändert hat sich gar nichts. Im Laufe der Zeit ist es mir etliche Male vorgekommen, dass gegenüber dem Schiedsrichter keinerlei Respekt gezeigt wird.
Wann begannen Sie mit der Schiedsrichterei und seit wann sind Sie im Ruhestand?
Richter: Vor genau 46 Jahren, in 1975. Kurz bevor Corona los ging, bin ich dann in den Ruhestand.
Was hat Sie damals bewogen, die Karriere als Unparteiischer einzuschlagen?
Richter: Ich war bei meinem Heimatverein als Zuschauer bei einem A-Jugendspiel. Zu dieser Zeit habe ich in der ersten Herrenmannschaft gespielt. Ich erinnere mich noch genau, dass es ein Sonntagmorgen war. Das Spiel war ein Ortsderby. Dort habe ich eine ganz schlechte Schiedsrichterleistung gesehen. Ich selbst bin dann mit dem Schiedsrichter vom Platz gegangen und habe ihm ein paar Worte an den Kopf geworfen. Wegen meiner Äußerungen wurde ich dann schließlich auch für die erste Herrenmannschaft gesperrt. Daraufhin habe ich mir gesagt, dass ich zu dem nächsten Schiedsrichterlehrgang gehe und dafür sorge, dass dieser Schiedsrichter nie wieder pfeift. Das habe ich natürlich nicht geschafft. Aber ich habe sehr, sehr schöne Zeiten erlebt. Das behält man sich natürlich.
An welches Spiel blicken Sie besonders gerne zurück?
Richter: Ich wurde damals vom Hamburger Fußball-Verband für ein Wohltätigkeits-Spiel zwischen Rasensport Elmshorn und einer Alt-Internationalen-Mannschaft angesetzt. In dieser Mannschaft spielten drei Weltmeister mit: Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein und Gerd Müller. Dann passierte folgender Angriff: Grabowski flankte auf Hölzenbein. Es ertönte ein Pfiff. Die Spieler von Elmshorn blieben stehen, aber Hölzenbein haute das Ding ins Tor. Aber ich hatte nicht gepfiffen. Mein Linienrichter zeigte auch nichts an. Auf dem anschließenden Bankett kam Gerd Müller zu mir und sagte: "Ich muss noch mal was klären." Ich fragte dann: "Herr Müller, was müssen Sie denn klären?" "Ich heiße Gerd", sagte er – wunderbar! Neben Müller spielte auch Buffy Ettmayer mit, österreichischer Nationalspieler sowie Spieler beim VfB Stuttgart und dem HSV. Müller erklärte mir schließlich, dass Buffy Ettmayer alle Schiedsrichterpfeifen, die auf dem Markt sind, mit dem Mund nachmachen kann. Und der hatte gepfiffen! Damit war das auch geklärt. Das ist meine Erinnerung an den "Bomber der Nation" Gerd Müller.
Aufgrund des Mangels an Schiedsrichter*innen sind Sie mit zwei Kollegen auf den Rasen zurückgekehrt.
Richter: In der Kabine nach dem Spiel waren Pressevertreter anwesend. Ich habe dort gesagt, dass wir drei uns wünschen, dass etliche Herrenspieler, also im Alter von 30 bis 40 Jahren, sich jetzt als Schiedsrichter zur Verfügung stellen. Denn diese Männer stehen voll im Saft und sie kennen sich mit den Regeln aus. Sie können gute Schiedsrichter werden. Ich habe mit 32 Jahren als Spieler in der ersten Herrenmannschaft aufgehört und mich der Schiedsrichterei zur Verfügung gestellt. Nachdem dann die ersten Minuten gespielt waren, das Lampenfieber wich und ich das Spiel einigermaßen über die Bühne gebracht hatte, das hat mich sehr gefreut. Und vor allem, dass ich das noch konnte!
Die Spieler könnten Ihre Enkel sein. Welche Rückmeldungen haben Sie von Ihnen erhalten?
Richter: Der Kontakt zu den Spielern und den Trainern war hervorragend. Der Mannschaftsführer des Gegners sagte zu mir, dass er mit 76 Jahren auch noch so laufen will, wie ich. Ein größeres Lob kann man gar nicht bekommen!
Würden Sie für diesen Zweck noch einmal zur Pfeife greifen?
Richter: Wenn der Obmann oder das gesamte Führungsgremium sagt, Mensch, diese Aktion wollen wir noch einmal wiederholen, dann bin ich gerne bereit, ein Amt zu übernehmen. Egal ob als Schiedsrichter oder als Linienrichter. Ich würde mich sofort zur Verfügung stellen. Alles für die Werbung der Schiedsrichter.
Lieber Fußballfreund,
du möchtest gern einen Beitrag, z.B. Musik, Fotos, Videos, Daten oder einen Zeitungsartikel (nachfolgend „Inhalte“) hochladen? Wir möchten dich an dieser Stelle gern nochmal daran erinnern, dass die Verantwortung für die von dir hochgeladenen Inhalte bei dir liegt. Bitte vergewissere dich also zunächst, ob die Inhalte unseren Vorgaben entsprechen (siehe die ausführlichen Bestimmungen unter „Community-Spielregeln“) und insbesondere ob du über die entsprechenden Nutzungsrechte an den Inhalten verfügst. Diese liegen in der Regel bei Dritten und nicht bei dir, wenn du Inhalte aus dem Internet (z.B. Fotos bekannter Personen, Videos oder Zeitungsartikel) kopierst und hochlädst.
Bitte beachte: Wenn du die Nutzungsrechte an den Inhalten nicht berücksichtigst, kann es zu kostspieligen Abmahnungen und weiteren Forderungen gegen dich kommen. Sofern wir hiermit direkt konfrontiert werden, sind wir berechtigt, deine Daten zum Zwecke der Rechtsverfolgung herauszugeben und mögliche Forderungen an dich weiter zu berechnen.