Ehrenamtspreis: Schlagt jetzt die gute Seele eures Vereins vor
Ihr habt einen besonderen Ehrenamtlichen im Verein? Die gute Seele? Sagt "Danke", indem ihr sie oder ihn bis zum 31. Mai für den DFB-Ehrenamtspreis vorschlagt!
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Ente Lippens ist eine Legende bei Rot-Weiss Essen - hier ein Foto aus dem Jahr 1967. [Foto: Imago]
449 Spiele hat Willi, genannt "Ente", Lippens für Rot-Weiss Essen bestritten, 172 davon in der Bundesliga. Dabei hat er 79 Tore geschossen, insgesamt 237. In den 60er- und 70er-Jahren war das. Am vergangenen Montag ist "Ente" Lippens 69 Jahre alt geworden. Zu RWE geht er noch immer; nicht mehr ins alte, 2012 abgerissene Georg-Melches-Stadion, sondern ins Stadion Essen an der Hafenstraße. Er sagt "unser Verein", wenn er Rot-Weiss meint. Für "Ente" Lippens ist Tradition nicht nur ein angestaubter Begriff, für ihn ist Tradition gelebte Identifikation.
FUSSBALL.DE: Herr Lippens, was bedeutet für Sie Tradition?
Willi "Ente" Lippens: Na, in erster Linie, dass ein Verein eine Historie hat. Ein Traditionsverein ist in der Regel schon etwas älter, dadurch gestanden. Er hat gewachsene und deshalb gefestigte Strukturen, ist von einem guten Vereinsleben geprägt. Tradition heißt aber auch, irgendwann mal Erfolg gehabt zu haben.
Warum?
Lippens: Weil erst der Erfolg die Tradition erhält.
Das müssen Sie erklären.
Lippens: Ganz einfach: Man muss immer wieder Höhepunkte setzen, damit das Interesse der Leute erhalten bleibt. Was nützt es mir, wenn ich Tradition habe und sich keiner dafür interessiert?
"Tradition erhält man am ehesten, wenn man die Vereinsgeschichte immer wieder neu fortschreibt"
Braucht Tradition eigentlich immer Zeit?
Lippens: Ich denke, ja. Es ist jedenfalls nichts, das man ruckzuck auf die Beine stellen kann. Ein Verein, den man Traditionsverein nennt, sollte auf eine lange Geschichte zurückblicken können. Mit unserem Vereinswesen waren wir in Deutschland in dieser Hinsicht mit als erste prägend.
Mit RB Leipzig klopft gerade der Gegenentwurf eines Traditionsvereins ans Tor zur Bundesliga. Was halten Sie von derlei Projekten?
Lippens: Man kann die Leute, die jetzt einen Verein gründen, nicht verurteilen. Das ist okay und gut für den deutschen Fußball. Nur geht diesen Vereinen, die aus der Westentasche erscheinen, nun einmal die Tradition ab. Und ich finde es wichtig, dass Vereine gerade heute eine Tradition mitbringen.
Warum?
Lippens: Die Frage ist doch: Was passiert, wenn es mal nicht mehr nur nach oben geht? Für diese Zeiten ist es verdammt wichtig, dass man sich einen gewissen Fan-Stamm erhält, der über Generationen hinweg gewachsen ist und auch zu Heimspielen in der vierten Liga kommt.
Wie in Essen. Die Rot-Weissen haben unterhalb der drei Profiligen deutschlandweit den höchsten Zuschauerschnitt.
Lippens: Und das kommt nicht von ungefähr. Der Zuspruch bei unserem Verein oder auch in Offenbach liegt in der jeweiligen Tradition begründet. Allerdings ist es wichtig, zwischendurch immer mal wieder einen Höhepunkt zu setzen. Es gab Zeiten, da haben wir das bei Rot-Weiss Essen geschafft. In den fünfziger Jahren holten Helmut Rahn, August Gottschalk und die anderen ja erst den DFB-Pokal und dann die Deutsche Meisterschaft. Mein Jahrgang hat das dann in der neu gegründeten Bundesliga fortsetzen können, auch wenn wir nicht den Meister gemacht haben. Aber diese Erfolge von damals haben immer wieder junge Leute aktiviert und erhalten bis heute die Tradition unseres Vereins. Langsam wäre es aber mal wieder an der Zeit für einen neuen Höhepunkt. RWE muss aufpassen, dass da nicht zu viel wegbröckelt.
Stichwort "wegbröckeln". War das Bewusstsein für eine gute Tradition zu Ihrer aktiven Zeit ausgeprägter als heute?
Lippens: Ach, wissen Sie: Spieler kommen und gehen. Das war immer so, und das wird immer so sein. Spieler sind da aber auch nicht entscheidend. Klar, wenn einer wie ich 13 Jahre für Rot-Weiss Essen spielt, wenn es also hier und da mal eine Figur gibt, die den Leuten in Erinnerung bleibt, dann ist das auch wichtig. Aber es geht vor allem darum, jungen Leuten ab und zu mal einen Höhepunkt zu bieten. Das muss nicht immer gleich ein Titel sein, das kann auch mal ein Aufstieg sein.
Genau damit tun sich aber viele Traditionsvereine im Wettbewerb schwer.
Lippens: In der Tat. Wenn ich unseren Verein sehe, dann wundere ich mich manchmal schon, dass so viele dabei bleiben. Ringsum boomt es, da haben wir ein bisschen den Anschluss verpasst. Wenn unsere Anhänger irgendwo hinkommen, kriegen die doch als erstes verbal auf die Fresse. Aber genau an dem Punkt spielt offensichtlich die Tradition eine wichtige Rolle. Ohne Tradition wäre Rot-Weiss Essen doch längst weg.
Wie wertvoll also ist Tradition? Oder anders gefragt: Was kann man sich unterm Strich davon kaufen?
Lippens: Ach, kaufen bringt ja nix. Wie gesagt: Man muss das Interesse der Leute erhalten. Das gelingt am besten über Erfolgserlebnisse. Deshalb sage ich: Tradition erhält man am ehesten, wenn man die Vereinsgeschichte immer wieder neu fortschreibt.
Herr Lippens, Sie hatten am Montag Geburtstag. Welche Traditionen haben Sie an Ihrem Ehrentag gepflegt?
Lippens: An solchen Tagen trifft sich bei uns die Familie, das ist eine ganz klare Kiste. Und es ist gute Tradition, dass man Gans isst – und zwar nicht ganz wenig. Es ist ja die Zeit der Gänse. Naja, lieber Gans als Ente – sonst müsste ich ja auch ein bisschen aufpassen.
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